: Gewerkschafterinnen wollen Debatte
■ Frauenausschuß der HBV will Diskussion über sexuelle Belästigung in Gewerkschaften
Berlin. Die Vorsitzende des Frauenausschusses der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen (HBV), Rosie Schott, hat in einem Gespräch mit der taz die mangelnde Bereitschaft des DGB und der IG- Metall kritisiert, die Debatte über die sexuelle Belästigung von Frauen innerhalb der Gewerkschaften öffentlich zu führen. Anlaß ist der jüngst in die Schlagzeilen geratene Fall eines Mitarbeiters der Berliner IG-Metall- Verwaltungsstelle, der wegen sexueller Nötigung einer Mitarbeiterin von seiner Gewerkschaft ins Umland versetzt wurde (die taz berichtete). Schott erklärte, sie habe den Eindruck, das Thema solle begraben werden, um »so schnell wie möglich zur gewerkschaftlichen Tagespolitik zurückzukehren«. Außer der bisher veranlaßten Versetzung denke die IG-Metall offenbar nicht daran, weitere Konsequenzen aus dem Fall zu ziehen. Das Mindeste wäre immerhin eine Eintragung in die Personalakte des Betroffenen gewesen, so Schott.
Sie kritisierte insbesondere, daß auf der letzten Kreisdelegiertenkonferenz des DGB im Februar nicht über sexuelle Belästigung innerhalb der Gewerkschaften diskutiert wurde, obwohl der HBV-Frauenausschuß die IG-Metall in einem Brief dazu aufgefordert habe. Die Einzelgewerkschaften hätten offenbar nicht begriffen, daß sie sich angesichts des starken Frauenanteils »nicht mehr wie zu Zeiten der klassischen Arbeiterbewegung verhalten könnten«. Es gehe neben dem konkreten Fall auch um die »Problematik der Gewerkschaften als traditionelle Männerbündnisse«.
Besonders enttäuscht zeigte sich Schott auch von dem Verhalten des Landesfrauenausschusses (LFA) des DGB. Hier hätte sie ein »offensiveres Auftreten« erwartet. Bisher habe es in dieser Richtung weder vom DGB- LFA noch von den Frauen innerhalb des DGB-Landesbezirksvorstandes einen sichtbaren Vorstoß gegeben. Schott bezeichnete es als »merkwürdig«, daß ein von einzelnen Mitgliedern des DGB-Landesfrauenausschusses an die IG-Metall gerichteter Brief dem HBV-Frauenausschuß auf Anfrage nicht ausgehändigt worden sei. Der Sprecher des DGB, Dieter Pienkny zeigte sich gestern wenig erfreut über den öffentlichen Vorstoß: »Frau Schott hätte die Sache erst einmal intern klären können.«
Der stellvertretende Bezirksbevollmächtigte der IG-Metall, Volker Fiebig, erklärte gestern, man bleibe bei dem Beschluß, es bei einer Versetzung ihres einstigen politischen Sekretärs zu belassen. Alles weitere sei nun Sache der Staatsanwaltschaft, die in dieser Sache ermittele. Fiebig kündigte an, daß die Ortsverwaltung der IG-Metall auf der kommenden Vertreterversammlung am 25. März eine Erklärung zum Fall abgeben werde. sev
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