piwik no script img

Irakische Umweltbomben

Manama/Wien (dpa/afp/ap) — Während UN-Inspektoren im Irak mit hochgiftigem Nervengas gefüllte Artilleriegeschosse gesprengt haben, drohen in den südirakischen Sümpfen verrottende Chemiewaffen buchstäblich zur Umweltbombe zu werden. UN-Experten gelang es nach eigenen Angaben in einer „bisher einmaligen“ Mission, 463 chemische Sprengköpfe zu sprengen, ohne die Umwelt zu schädigen. Wie der Delegationsleiter Michel Desgranges nach seiner Rückkehr am Dienstag abend in Bahrein mitteilte, sei die „außergewöhnliche Methode“ 400 Kilometer südlich von Bagdad angewandt worden, da die durch alliierte Bomben schwer zerstörten Sprengköpfe nicht zu einem anderen Ort transportiert werden konnten. Die UN-Leute packten daher je 10 Sprengköpfe in eine Grube und übergossen sie mit 200 Litern Treibstoff. Nach den Explosionen habe man bei Luft- und Bodenmessungen „keinerlei Verschmutzung festgestellt, so Desgranges. Die Zusammenarbeit mit den Irakern während seines 32tägigen Aufenthaltes bezeichnete er als problemlos.

Auf einem „Waffenfriedhof“ in der Nähe der südirakischen Stadt Nasseriya entdeckten UN-Inspektoren weitere undichte, mit hochgiftigen Substanzen gefüllte Granaten und Raketen. Die Iraker sprachen von 2.100 Geschossen chemischer Munition, die auf dem Gelände lagern sollen. Nach Einschätzung der UN-Leute geht von dem Kriegsschrott noch immer große Gefahr aus, obwohl die Giftkonzentration von 70 bis 90 Prozent auf ein bis fünf Prozent abgebaut worden sei.

Im Irak arbeiten zur Zeit 35 Waffeninspektoren, die nach nun vorliegender irakischer Zustimmung die Zerstörung von Produktionsanlagen für ballistische Raketen einleiten sollen. Der eigentliche Prüfstein für den Kooperationswillen der Iraker wird der Besuch von UN-Atomspezialisten in der ersten Aprilhälfte bilden. Sie werden das vermeintliche Atomforschungszentrum in Al-Atheer unter die Lupe nehmen. Die Internationale Atomenergie-Organisation (IAEO) übergab gestern in Wien einer irakischen Delegation einen detaillierten Aktionsplan zur Zerstörung zentraler Gebäude in Al- Atheer. Der irakische Delegationsleiter Khalid Said behauptete dagegen, der Komplex sei „für die zivile Industrie gebaut und ausgerüstet worden, nicht als Atomanlage“. taud

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen