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RAF-Aussteiger hießen für Stasi alle „Berger“

Koblenz (dpa) — Die Aussteiger aus der RAF, die in der ehemaligen DDR untertauchten, wurden beim Ex-Ministerium für Staatssicherheit (MfS) zunächst alle unter dem Decknamen „Berger“ geführt. Der fiktive Vorname begann mit demselben Buchstaben wie der tatsächliche Familienname, berichtete der frühere Stasi- Major Eberhard Kind gestern in Koblenz vor dem Oberlandesgericht im Viett-Prozeß. Inge Viett sei dagegen durchgehend „Maria“ genannt worden. Erstmals seien sich Stasi-Angehörige und RAF-Mitglieder 1978 begegnet, sagte Kind. Damals seien drei Frauen — Inge Viett, Regina Nicolai und Ingrid Siepmann —, aus der damaligen CSSR kommend, in eine konspirative MfS-Wohnung nahe Frankfurt/Oder gebracht worden. 1981 seien RAFler aktiv von der Stasi im Schießen ausgebildet worden. Beim Übungsschießen sei eine Panzerfaust benutzt worden. Im Zusammenhang mit dem mißglückten RAF-Anschlag auf General Frederik Kroesen im September 1981 habe er frotzelnd zu dem damaligen MfS-Offizier Gerd Zaumseil gesagt: „Erst bildet ihr sie aus, und dann schießen sie daneben.“ Der habe geantwortete, da könne man nichts machen, sie (die RAF) hätten nur zwei Granaten dabeigehabt.

Der genaue Zeitpunkt der RAF- Schießausbildung ist für den Viett- Prozeß von großer Bedeutung, weil sie auch als Prüfung für Frau Vietts Glaubwürdigkeit angesehen wird. Die Angeklagte selbst hatte ausgesagt, der Kursus, an dem sie selbst teilnahm, habe im Frühjahr 1981 stattgefunden. Dies erklärten auch drei Ex-Stasi-Angehörige vor Gericht. Zwei andere MfS-Offiziere konnten sich dagegen an die Übung „im Frühjahr 1983“ erinnern.

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