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Mieten steigen in Ost und West

■ Mieten sind stärker gestiegen als die Lebenshaltungskosten/ Bundeskabinett stimmt Mieten- und Wohngeldbericht zu/ Bauministerin Irmgard Schwaetzer spricht nicht von einer Mietexplosion

Bonn/Berlin (afp) — Die Mieten steigen: In den westlichen Bundesländern im vergangenen Jahr im Durchschnitt um 4,3 Prozent, während sich die allgemeine Lebenshaltung nur um 3,5 Prozent verteuerte. Im Durchscnitt vervierfachten sich die Mieten in den östlichen Bundesländern seit Oktober 1991, nachdem die Bundesregierung eine entsprechende Mietsteigerung beschlossen hatte. Das geht aus dem Mieten- und Wohngeldbericht 1991 von Bundesbauministerin Irmgard Schwaetzer (FDP) hervor, dem das Bundeskabinett am Mittwoch zustimmte.

Aufgrund der großen Nachfrage nach Wohnungen habe der Mietanstieg in den vergangenen beiden Jahren in den alten Ländern eine „deutlich steigende Tendenz“ aufgewiesen, sagte Schwaetzer vor der Presse in Bonn. Im Jahr 1989 lag die Mietsteigerungsrate noch bei drei Prozent. Die Ministerin sah in den Mietsteigerungen „keine Explosion“. Überproportional angestiegen sind die Mieten der Wohnungen, die nicht staatlich kontrolliert sind, nämlich die der Altbauten wie auch die der freifinanzierten Neubauwohnungen. Diese Mieten stiegen im vergangenen Jahr um durchschnittlich 4,5 Prozent. Dagegen lag die Anhebung der Sozialmieten mit plus 3,4 Prozent unter dem Durchschnitt.

Das durchschnittliche Mietniveau im Osten liegt dem Bericht zufolge mit rund fünf Mark pro Quadratmeter Wohnfläche im Monat etwa halb so hoch wie im Westen. Die FDP-Politikerin betonte, wann über eine neue Mieterhöhung in Ostdeutschland entschieden werde, hänge davon ab, wie schnell die Tarifrunden vorankommen. Sie ließ aber keinen Zweifel daran, daß die Anhebungen der Mieten im Osten im Oktober 1991 nur ein erster Schritt gewesen seien. Zuvor hatte Schwaetzer eine Mieterhöhung im Osten noch dieses Jahr nicht ausgeschlossen.

Schwaetzer nannte als Gründe für die Mietsteigerungen unter anderem die Zunahme der Single-Haushalte sowie hohe Zuwanderungszahlen vor allem aus osteuropäischen Staaten. Die Antwort darauf könne nur eine Ausweitung des Wohnungsangebots durch eine weitere kräftige Steigerung der Neubauzahlen sein. 1991 wurden der Ministerin zufolge Baugenehmigungen für rund 400.000 Wohnungen erteilt. Sie geht davon aus, daß im vergangenen Jahr zwischen 310.000 und 320.000 Wohnungen fertiggstellt wurden. Für 1992 rechne sie mit über 350.000 neuen Wohnungen. Die Angaben des Deutschen Mieterbundes, in Deutschland fehlten derzeit etwa 2,5 Millionen Wohnungen, nannte Schwaetzer „Schätzzahlen“.

Im Westen bezogen 1990 gut 1,8 Millionen Haushalte Wohngeld in Höhe von durchschnittlich 156 Mark im Monat. Im Osten — wo es ein Wohngeld-Sondergesetz gibt — beträgt das Wohngeld zwischen 100 und 150 Mark. Die durchschnittliche Mietbelastung der Wohngeldempfänger im Osten betrage, ohne Berücksichtigung der Heizkosten, nach Abzug des Wohngeldes zehn bis zwölf Prozent der Einkommen, so Schwaetzer. Die Heizkosten machen rund ein Drittel der Miete aus. In den alten Bundesländern beträgt der Anteil der Kaltmiete am Einkommen 23 Prozent.

Insgesamt beliefen sich die Wohngeldausgaben 1990 auf 3,61 Milliarden Mark. Im Jahr 1991 sind sie noch einmal um rund sechs Prozent gestiegen. Seit 1975 ist dem Bericht zufolge die Zahl der Wohngeldempfänger konstant geblieben. Erhöht habe sich der Anteil von Sozialhilfeempfängern und Arbeitslosen. esch

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