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INTERVIEWVerdeckte Ermittlungen gegen Hersteller

■ Oberstaatsanwalt Peter Köhler (Frankfurt/Main) über seine Probleme bei Ermittlungen

Seit 15 Jahren ermittelt der Frankfurter Oberstaatsanwalt Peter Köhler in Fällen von Kinderpornographie. Nachdem die Zeitschrift 'Tempo‘ im vergangenen Jahr recherchiertes Material aus dem Händlermilieu an ihn weitergab, beauftragte er das Bundeskriminalamt mit weiteren Ermittlungen. Diese führten bisher zu sieben Anklagen, die den Beschuldigten in den letzten Tagen zugingen.

taz: Herr Köhler, auf welche Schwierigkeiten stoßen Sie bei Ihren Ermittlungen im Bereich Kinderpornographie?

Köhler: Kinderpornographie ist ja etwas, das im verborgenen blüht. Aufgrund der Verbreitung des Mediums Video in den letzten sechs Jahren hat sich die Problematik sehr verdichtet. Und da die Priorität der Polizei eher bei der Drogenfahndung oder beim Terrorismus liegt, fehlt uns bei unseren Ermittlungen vor allem die polizeiliche Unterstützung. Allerdings geht es bei einer Forderung nach mehr Polizeieinsatz für uns Jugendmedienschützer auch gleich ans Eingemachte. Uns wird ja oft vorgeworfen, wir würden mit dem Schwert des Verbots Zensur ausüben, hätten nichts anderes zu tun, als in Schlafzimmern rumzuschnüffeln. Meine Arbeit hat sich bis vor kurzem in erster Linie auf den Handel konzentriert. An die Produzenten von Kinderpornographie, bei denen in der Regel auch der Straftatbestand des sexuellen Mißbrauchs vorliegt, bin ich überhaupt nicht herangekommen. Die Handelswege sind konspirativ. In der Regel bedient sich der Händler, der seine Angebote über Anzeigenblätter oder pornographische Kontaktmagazine, aber auch über das posteigene BTX-System laufen läßt, einer sogenannten Postlagerkarte. Wir müßten letztlich Postschalter rund um die Uhr überwachen lassen, und das ist personell nicht drin.

Wie sehen die Ermittlungen im Detail aus? Blättern da Polizeibeamte in ihren Amtsstuben entsprechende Heftchen durch?

Nein, zumindest in Hessen nicht. Es gibt Kollegen, so auch ich, die in diesen Heftchen blättern, um auf Spuren zu stoßen. Ich kann das aber nur außerhalb meiner Diensttätigkeit tun, da ich mit der organisierten Kriminalität so beschäftigt bin, daß für den Bereich der Kinderpornographie zuwenig Zeit bleibt.

Bis zu 90 Prozent solcher Produkte stammen aus der „Dritten Welt“. Wie sieht es da mit den Möglichkeiten der Ermittlungen aus?

Die Zollfahndung hat zur Zeit überhaupt keine Möglichkeiten, Verdacht zu schöpfen und daraufhin die Polizei einzuschalten. Aber im Bundesjustizministerium hat man diese Gesetzeslücke anscheinend endlich erkannt und will Abhilfe schaffen.

Die Recherche-Ergebnisse von JournalistInnen, die an die Staatsanwaltschaft — im Fall von 'Tempo‘ an Sie — weitergeleitet wurden, legen nahe, daß es im Bereich der Kinderpornographie auch verdeckte Ermittlungen geben sollte. Immerhin hat es in Frankfurt ja aufgrund des Materials zu weiteren Ermittlungserfolgen geführt...

Verdeckte Ermittlungen sind problematisch, und man sollte sie nur bei allerschwersten Straftaten einsetzen. Ich halte sie nicht für ein Allheilmittel. Es bedarf meiner Meinung nach in bezug auf den Handel keiner V-Person. Man kann diese Dinge auch durch verstärkten personellen Einsatz aufdecken. Geht es allerdings um die Hersteller von Kinderpornographie und damit um die Aufklärung von sexuellem Mißbrauch, so plädiere ich auf jeden Fall für verdeckte Ermittlungen. Interview: Karin Flothmann

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