: Nur für die Autonomen?
■ Betr.: "Radio 100-Macher: Wo sind sie geblieben?", taz vom 17.3.92
Betr.: »Radio 100-Macher: Wo sind sie geblieben?«, taz vom 17.3.92
Es ist schön zu erfahren, wo die Radio 100-Leute abgeblieben sind. Eines spricht der Artikel allerdings nicht an: Warum der Sender trotz der netten und engagierten Mitarbeiter untergegangen ist. Das Geld war ausgegangen, weil keine Werbeeinnahmen reinkamen. Und warum dies? Weil der Sender nur eine Hörerreichweite von unter 17 Prozent hatte. Schuld daran waren die Macher: Das gebotene Programm interessierte nur eine kleine Minderheit. Die Sendertruppe war nicht bereit, sich vor allem im Musikprogramm zu verändern. Selten habe ich eine solch hartnäckige Mischung aus Dilettantismus und Arroganz festgestellt. [...]
Angst und bange wird mir jetzt, wenn ich in dem Artikel lese, daß Rockradio B »fest in Radio 100-Hand« ist und Angela Gobelin es »satt hat«, immer »Rücksicht auf die Hausfrau in Seelow« zu nehmen. Hat sie was gegen Hausfrauen oder die Leute in Seelow? Rockradio B hat jetzt schon in weiten Programmteilen das Gesicht von Radio 100 angenommen. Da freut man sich schon, wenn die »Rücksichtnahme« zur Folge hat, daß auch einmal Hard Rock, Funk, Blues oder Heavy Metal gespielt wird. Wo der Alternativ-Sender damals in West-Berlin nur jeden 100. Hörer erreichte, wie viele werden es jetzt bei Rockradio B in Berlin-Brandenburg sein? Für wen will der Sender seine Programme machen, allein für die Autonomenszene in Kreuzberg? Jürgen Karwelat, 1/31
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