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Freispruch für Wutaktion gegen Seilschaften

Berlin. Eine spektakuläre Geiselnahme in einer Ostberlin Firma, durch die der Täter auf alte Seilschaften und selbst erlittenes Unrecht aufmerksam machen wollte, endete gestern in einem Prozeß vor dem Landgericht mit Freispruch. Der 34jährige wurde für die Tat nicht bestraft, weil er wegen eines psychischen Ausnahmezustandes schuldunfähig war. Am 15. Januar hatte der Heizer in seiner früheren Firma in Pankow den Büroleiter und weitere vier Personen zwei Stunden gefangengehalten, mit einer Spielzeugpistole bedroht und angegriffen.

Mit der Geiselnahme hatte der Mann auf die »unerträglichen Machenschaften« in der Firma hinweisen wollen. Er verlangte, daß die Presse informiert würde. Der Angeklagte war zuletzt auf »Kurzarbeit null Stunden« gesetzt, bevor er im September selbst kündigte. Verbittert war der Mann über das Unrecht der Behandlung ihm gegenüber, während die alten SED-Seilschaften zum Teil im Betrieb verblieben seien.

Obwohl der Angeklagte nur eine Spielzeugpistole bei sich hatte, sei die Bedrohung von den Firmenmitarbeitern laut Urteil als »sehr ernst« empfunden worden.

Die Nacht vor dem Überfall hatte der Angeklagte in Lokalen verbracht und gezecht. Das Gericht bezeichnete sein Verhalten als »das Phänomen einer nicht kalkulierbaren Alkoholreaktion«. dpa

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