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Höchstrichterliches Urteil: Der Countdown für die Probezeit läuft nur einmal

Auch für diese junge Näherin gilt: Bei einer stufenweisen Berufsausbildung mit jeweils einjährigen Ausbildungsverträgen darf nur einmal eine Probezeit vereinbart werden. Das hat das Bundesarbeitsgericht in Kassel in einem Musterprozeß entschieden. Die Vereinbarung von immer wiederkehrenden weiteren Probezeiten in jedem neuen Ausbildungsvertrag verstößt nach der höchstrichterlichen Feststellung gegen das Berufsausbildungsgesetz. Das Bundesarbeitsgericht entsprach damit in letzter Instanz der Klage einer jungen Frau aus Schleswig-Holstein, die zunächst ein Jahr als Näherin und anschließend im gleichen Betrieb jeweils ein weiteres Jahr als Bekleidungsanfertigerin und dann als Bekleidungsschneiderin ausgebildet worden ist. In den jeweils einjährigen aufeinanderfolgenden Ausbildungsverträgen wurde stets eine Probezeit von drei Monaten vereinbart. Als die Frau dann im dritten Jahr kurze Zeit arbeitsunfähig war, kündigte der Arbeitgeber unter Hinweis auf die erneute Probezeit das Ausbildungsverhältnis ohne Angabe von Gründen. Die dagegen gerichtete Klage der Frau wurde vom Landesarbeitsgericht in Schleswig-Holstein abgewiesen. Das Bundesarbeitsgericht entsprach aber der Revision der Frau. Die Vereinbarung der erneuten Probezeit war unzulässig, so daß der Arbeitgeber das dritte Ausbildungsverhältnis nicht mit Hinweis auf die Probezeit auflösen durfte. Nunmehr kann die Frau möglicherweise sogar Schadenersatz wegen der unterbliebenen Ausbildung zur Bekleidungsschneiderin beanspruchen. (Aktenzeichen: Bundesarbeitsgericht 2 AZR 263/91) Foto: Frank Rogner/Netzhaut

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