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Verwirrung um Stadtautobahnring

■ Verwaltung für Stadtentwicklung stellt Autobahnring zur Diskussion/ In Wedding und Prenzlauer Berg ein »Highway« über den S-Bahn-Gleisen

Berlin. Die Stadtautobahn A10, die bisher nur im Westteil Berlins vorhanden ist, soll zu einem Ring geschlossen werden. Sie würde parallel am S-Bahn-Ring von Neukölln in die Bezirke Treptow und Lichtenberg weitergeführt und ab Bahnhof Frankfurter Allee auf den S-Bahn- Ring »aufgedeckelt« werden. Die Piste würde dann unmittelbar über den Gleisen den Bahnhof Schönhauser Allee passieren und in etwa am S-Bahnhof Wedding den Schienenring wieder verlassen, um in das derzeitige nördliche Ende der A10 zu münden (siehe Grafik). Dies sieht ein Gutachten vor, das die Stadtentwicklungsverwaltung in einer Broschüre »Sektorale Entwicklungskonzepte« zur Diskussion stellt.

Weddings Bürgermeister Jörg Spiller (SPD) und auch die SPD- Fraktion des Bezirks reagierten gestern mit »Befremden«. Dieses Konzept sei stillschweigend an die Öffentlichkeit gebracht und nicht mit dem Bezirk abgestimmt worden. Eine Autobahn über dem Bahndamm wäre städtebaulich untragbar. Eine Verlängerung des Stadtautobahnrings würde die schon jetzt hoffnungslos überlastete A10 völlig zusammenbrechen lassen, heißt es in einer gemeinsamen Presseerklärung. Die Autobahnplanung würde die bisher vorgesehenen Planungen für den gesamten Weddinger Südbereich auf Jahre — vielleicht Jahrzehnte — hinaus in Frage stellen und zu einer Herabwirtschaftung der betroffenen Wohnbereiche führen.

Offenbar weiß im Hause des Stadtentwicklungssenators die eine Hand nicht, was die andere tut: Volker Hassemer (CDU) fand die Presseerklärung »merkwürdig« und hielt sie erst für eine »Wahlkampfidee« der Sozialdemokraten — bis er in die Broschüre schaute, die seine Verwaltung seit einer Woche vor allem Investoren verteilt. Darauf dementierte er, daß der S-Bahn-Ring mit einer Autobahn überbaut oder der unvollständige Stadtautobahnring geschlossen werden soll.

Nach wie vor sei vorgesehen, die Autobahn von Neukölln nur bis zur Frankfurter Allee in Lichtenberg zu verlängern. Der Verkehr soll von hier auf größtenteils vorhandenen Straßen — etwa der Wisbyer, Bornholmer, Osloer und Seestraße — zur Autobahn im Wedding geführt werden. Hassemer betonte, daß im »räumlichen Strukturkonzept« der Autobahnring nicht vorgesehen ist. Das Konzept bildet die Grundlage für den Flächennutzungsplan. Weil die Entwicklungskonzept-Broschüre »irreführend« sei, werde sie möglicherweise nicht weiterverteilt, sagte Hassemers Sprecherin Cornelia Poszka. Ganz verwerfen will der Senator den vorgeschlagenen Autobahnring dennoch nicht: Das Konzept solle diskutiert werden.

Manfred Zache von »regioplan«, dessen Gutachten die Grundlage der Broschüre bildet, unterstrich den Sinn eines kompletten Autobahnringes. Mit dem Ring sei es möglich, den Bereich innerhalb des S-Bahn- Ringes vom motorisierten Verkehr zu entlasten. Die derzeitige Planung, nach der der Verkehr zum Teil über Stadtstraßen in Wedding und Prenzlauer Berg gelenkt werden soll, bedeute für die betroffenen Wohngebiete ein »Sterben auf Raten«. Dirk Wildt

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