Schöne Aussichten?

■ Infotainment mit „Zwölfdreißig“: Neues Mittagsmagazin startete auf RTLplus

Die diversen Frühstücksfernsehangebote sind bislang unbeachtet an mir vorübergegangen, da alles, was vor zehn Uhr morgens stattfindet, für Menschen anderer Bauart gemacht ist. Glücklicherweise stehe ich damit nicht alleine, auch Alfred Biolek wurde unlängst als Nachtmensch geoutet. Für Alfred und mich installierte RTLplus das Mittagsmagazin Zwölfdreißig, damit auch wir zwei frisch informiert in den Tag starten können.

Im Grunde ist die Sendung nichts anderes als eine 20minütige Langfassung der bisherigen Mittagsausgabe von RTL aktuell. Streng achtet das Moderatorenteam Michael Pohl und Milena Preradovic auf Faktizität. So hatte Milena lampenfiebrig nicht pauschal Flugzeuge, sondern exakt eine Cessna im Bauch. Außerdem kniff sie strafend das linke (!) Auge zu, als sie die Stimmengewinne der Rechtsparteien verlas, und kommentierte mit fatalistischem Unterton: „Das sind Aussichten.“

Aufgepeppt werden die trockenen Nachrichten mit bunten Themen. Mittagsfernseher verzichten künftig darauf, belegte Brötchen an Tankstellen zu erwerben. Denn diese Köstlichkeiten sind leider oft, wie wir jetzt wissen, via Benzindunst mit leckeren Schadstoffen gewürzt.

Aufopfernd agiert RTL-Redakteur Sonntag, der drei Tage mittellos durch München tigern mußte — alles notariell erfaßt und beglaubigt — und jeden Mittag live Bericht erstattet, in der Premierensendung unmittelbar von seinem Elendsquartier unter der Wittelsbacherbrücke. Die RTL-Kameras sind live dabei, auch bei der Geburt des Zwölfdreißig-Patenkindes in einer Kölner Klinik. Der Lebensweg des noch ahnungslosen Neubürgers wird fürderhin von RTL verfolgt und regelmäßig als Magazinbeitrag brühwarm offeriert werden — das sind Aussichten.

Herr Dittmeyer