: Ex-Mossad-Agent: as-Sadr starb in Israel
Berlin (taz) — Mussa as-Sadr, der 1978 auf mysteriöse Weise verschwundene Führer der libanesischen Schiiten, soll vom israelischen Geheimdienst entführt worden und 1986 in einem israelischen Gefängnis gestorben sein. Das behauptete der ehemalige Mossad-Agent Victor Ostrowsky gegenüber der ägyptischen Tageszeitung 'al-Ahram‘. Der Gründer der Schiitenorganisation „Amal“ war 1986 nach einem Libyen-Aufenthalt nebst mehreren Begleitern verschwunden.
Allgemein wurde angenommen, der libysche Geheimdienst habe as- Sadr ermordet, nachdem dieser sich mit dem libyschen Staatschef Gaddafi über die Finanzierung von Palästinensergruppen im Libanon gestritten hatten. Während der libysche Revolutionsführer die vom Südlibanon aus gegen Israel operierenden Palästinenser für die Speerspitze einer „antizionistischen Revolution“ hielt, betrachtete as-Sadr ihre Präsenz als massive Gefährdung der im Südlibanon lebenden schiitischen Bauern.
As-Sadr wollte am Tag seines Verschwindens von Tripolis nach Rom weiterreisen. Tatsächlich kam in einem Hotel in der italienischen Hauptstadt auch sein Gepäck an. Der Schiitenführer selbst erschien nicht. Die libysche Führung bestritt energisch, etwas mit dem Verschwinden zu tun zu haben. Angebliche Augenzeugen berichteten, sie hätten gesehen, wie as-Sadr einen Jet der italienischen Fluggesellschaft Al Italia bestiegen habe.
As-Sadr stammte ursprünglich aus dem Iran. Auch in Teheran wurde wiederholt die These vertreten, der Mossad stecke hinter seinem Verschwinden. Für die Schiiten des Libanon bedeutet das Ereignis von 1978 ein mystische Parallele zum „entrückten Imam“, jenem Nachfolger des Propheten Muhammed, der sich nach schiitischer Lehre aus der sündigen Welt zurückgezogen haben soll und im Jenseits auf bessere Zeiten wartet. Diese Mystifizierung Mussa as-Sadrs dürfte durch die Enthüllungen Ostrowskys erheblich angekratzt werden. Schon 1991 hatte der ehemalige Agent durch sein Buch Der Mossad das Bild vom lautlosen, perfekten Geheimdienst gefährlich ins Wanken gebracht. Die Israelis versuchten damals, das Buch verbieten zu lassen. taud
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen