: Arafat überlebt mit blauem Auge
■ Der PLO-Chef kam bei der Bruchlandung in der libyschen Wüste mit leichten Verletzungen davon/ Freudenfeiern in den besetzten Gebieten/ Sitzung des Palästinensischen Nationalrats vertagt
Tel Aviv/Berlin (taz) — Mit nur einigen Prellungen und einem Verband über dem rechten Auge verließ Yassir Arafat gestern das Krankenhaus im libyschen Misrata. Der PLO-Chef hatte am Vortag eine Bruchlandung seines Privatflugzeugs nur knapp überlebt. Die Maschine war auf dem Weg von der sudanesischen Hauptstadt Khartum zu einem PLO-Camp in Libyen in einen Sandsturm gekommen. Bei dem Versuch einer Notlandung in der Wüste starben drei Besatzungsmitglieder, und fünf Personen wurden schwer verletzt. Vor seiner Entlassung wurde Arafat von dem libyschen Staatschef Gaddafi gerügt, leichtfertig sein Leben aufs Spiel gesetzt zu haben. In einem gemeinsamen Fernsehauftritt in Arafats Krankenzimmer schimpfte der Libyer: „Wie kann man bei einem solchen Wetter mit so einem kleinen Flugzeug losfliegen.“ Arafat revanchierte sich mit der Bemerkung, er habe im Krankenbett geträumt, gemeinsam mit Gaddafi in Jerusalem zu beten.
Wegen des Unglücks wurde eine für heute geplante Sitzung des Palästinensischen Nationalrats in Tunis kurzfristig abgesagt. Beobachter hatten von der Versammlung ursprünglich eine kritische Auseinandersetzung mit Arafats Haltung im Golfkrieg und zu den Entwicklungen in Osteuropa erwartet.
Bei den palästinensischen Führern in Ostjerusalem herrschte große Erleichterung über das Überleben des PLO-Führers. Feisal Husseini „korrigierte“ vor Journalisten eine Äußerung seiner Kollegin Hanan Aschrawi von gestern gegenüber der BBC. Aschrawis Bemerkung über die Notwendigkeit von Neuwahlen in der PLO-Führung war in den besetzten Gebieten als voreilige Bestätigung des Todes von Yassir Arafat gerügt worden. Aschrawi habe eigentlich sagen wollen, daß nicht ein einzelner Führer, sondern das ganze palästinensische Volk entscheidend sei, erklärte Husseini dazu. Dr. Sari Nusseiba freute sich, daß die Rettung Arafats auch die Rettung des Friedensprozesses bedeute. Einige Palästinenser räumten zwar ein, daß es auch in der PLO Kräfte gebe, die Arafat gerne loswerden würden, aber dazu brauche man keinen Flugzeugabsturz. Die palästinensische Bevölkerung in den besetzten Gebieten feierte am Mittwoch abend mit Massendemonstrationen Arafats Überleben. In Ramallah, Hebron und in verschiedenen Lagern im Gaza-Streifen ging das israelische Militär mit Tränengasgranaten gegen die Demonstranten vor. In verschiedenen Orten wurde eine Ausgangssperre verhängt.
Palästinensische Knesset-Abgeordnete und Politiker kritisierten die Kommentare israelischer Politiker zu der Bruchlandung. Verteidigungsminister Moshe Arens hatte am Mittwoch erklärt: „Kein Israeli wird dem Massenmörder Arafat eine Träne nachweinen.“ awo/taud
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen