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Fücks und Klöckner einig — Lüthge: „Umwelt-Sündenfall“

■ Vergleich mit Klöckner: Umweltressort verzichtet auf 21,3 Millionen

Das tat Klöckner weh: Wegen erhöhter Schwermetallbelastung sollte das Unternehmen 25,7 Millionen Mark an das Umweltressort überweisen. Verfügt worden war dies im letzten Jahr von der damaligen Senatorin Eva-Maria Lemke-Schulte und ihrem Staatrat Jürgen Lüthge. Deren grüne Nachfolger im Amt haben sich jetzt mit Klöckner auf einen Kompromiß geeinigt. Danach muß Klöckner lediglich 4,28 Millionen an die Stadt überweisen. Während die Grüne Abgeordnete Elisabeth Hackstein die Behördenentscheidung begrüßte, kritisierte Ex-Umweltsstaatrat Jürgen Lüthge den Kompromiß als „umweltpolitischen Sündenfall.“

Die Vorgeschichte: Nachdem Klöckner über Jahre kaum Abwasserabgabe zahlen mußte, hatte die Umweltbehörde im Dezember 1990 den großen Hammer herausgeholt. Grundlage für die Forderung war das geänderte Abwasserabgabengesetz, nachdem nun auch die Einleitung von Chrom und Nickel mit einer Abgabe belegt werden konnte. Bei Kontrollen war festgestellt worden, daß Klöckner wesentlich mehr dieser Schwermetalle in die Weser eingeleitet hatte als genehmigt waren. So war es zu dem 26 Millionen-Bescheid gekommen, gegen den Klöckner vor dem Verwaltungsgericht eine Klage eingereicht hatte.

„Nicht jahrelang prozessieren, sondern etwas für die Umwelt tun“, lautete das Credo der neuen grünen Ressortleitung. Das Ergebnis mehrerer Verhandlungsrunden sieht denn so aus: Klöckner wird ein Drittel der Abwassergebühr vorweg erlassen. Bleiben 17,1 Millionen Mark. Davon darf das Stahlwerk gleich 12,85 Millionen Mark behalten, vorausgesetzt, das Geld wird genutzt, um das Abwasser in Zukunft besser zu reinien als bisher.

In zwei Sanierungsschritten hatte Klöckner in den letzten Jahren schon 70 Millionen in die Abwasserreinigung gesteckt, ohne daß allerdings die Umweltbehörde dabei als Großsponsor aufgetreten wäre. Jetzt sollen noch einmal 30 Millionen investiert werden, von denen die Stadt 12,85 Millionen trägt.

Kaum war der Vertrag unterschrieben, kam bereits der pflichtgemäße Jubel aus der Grünen-Fraktion für den grünen Senator: „Wenn Klöckner insgesamt 30 Millionen in die Modernisierung der Hütte und in die Abwasserentgiftung und -vermeidung investiert, ist die Umwelt der eindeutige Gewinner des Kompromisses zwischen dem Umweltsenator und den Klöckner-Managern“, urteilte Elisabeth Hackstein. Der ehemaligen Ressortspitze, die den 26 Millionen Mark-Bescheid ausgestellt hatte, warf sie „jahrelangenen lockeren Umgang mit dem Abwasserabgabengesetz“ vor. Den Bescheid bezeichnete Hackstein gar als „wenig abgesichert“ und Wahlkampfmanöver.

„Das geht mir allmählich über die Hutschnur“, meinte der ehemalige Umweltstaatsrat Jürgen Lüthge dazu. Ein solcher Entscheid sei erst 1990 möglich gewesen, weil erst da das Abasserabgabengesetz Chrom und Nickel berücksichtigt habe. Auch der Einschätzung, daß sein Bescheid rechtlich nicht abgesichert gewesen sei, widerspricht Lüthge: „Nach der Einschätzung der Juristen im Umweltressort, und das sind heute noch die gleichen, gab es kein besonders hohes Prozeßrisiko.“ Ein Vergleich, bei dem Bremen 60 Prozent der Forderungen erhalten hätte, sei „das mindeste gewesen.“ Mit dem jetzt erzielten Vergleich erreiche die Umweltbehörde lediglich etwas mehr als 15 Prozent ihrer Forderungen. Lüthge: „Das Ganze ist ein umweltpolitischer Spündenfall.“ Die Argumentation, daß Klöckner jetzt mit der staatlicher Subvention mehr für Abwasserreinhaltung tue, läßt Lüthge nicht gelten: „Einen Rechtsanspruch auf staatliche Mitfinanzierung gibt es nicht.“ Und wenn dies doch geschehen solle, dann hätte mindestens die Umweltdeputation beteiligt werden müssen: „Wenn über die Vergabe von Mitteln aus der Abwasserabgabe entschieden wird, hat die Deputation ein Mitwirkungsrecht. Dieses Geld wäre auch für andere Projekte freigewesen.“

Die grüne Parlamentarierin Elisabeth Hackstein stört es dagegen überhaupt nicht, daß sie von der Umweltbehörde vor vollendete Tatsachen gestellt wurde. Hackstein: „Das war alles eine Sache der Verwaltung.“ hbk

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