INTERVIEW: Bürgerrechtlerin soll Stasi-Beauftragte werden
■ CDU schlägt Bärbel Bohley für das Amt vor/ Widerstand bei der SPD/ Bohley bereit, den Posten zu übernehmen
Berlin. In Berlin ist der Posten des Stasi-Landesbeauftragten zu besetzen. Die Sozialdemokraten wollen ihr Ostberliner Mitglied Walter Wessel mit dieser Funktion betrauen. Wessel war dazu bereits von der ehemaligen Ostberliner Stadtverordnetenversammlung gewählt worden. Für die Christdemokraten ist das jedoch kein Grund, ihm das Amt zu geben. Der Fraktionsvorsitzende Klaus Landowsky brachte statt dessen überraschend die Bürgerrechtlerin Bärbel Bohley als mögliche Stasi-Beauftragte ins Gespräch. Sie ist zu einer Kandidatur bereit.
taz: Herr Landowsky, haben Sie Ihr Herz für die Bürgerbewegung entdeckt?
Landowsky: Wir haben immer ein Herz für diejenigen gehabt, die die Verhältnisse in der DDR beseitigen wollten. Dafür haben wir in den letzten Jahren gekämpft, und deshalb bewundern wir auch diejenigen, die die Wende mit herbeigeführt haben.
Einer derjenigen, die die Wende mit herbeigeführt haben, war Werner Fischer, der Stasi-Beauftragte der Innenverwaltung. Von dem hat sich Innensenator Heckelmann getrennt, weil er ihm zu unbotmäßig war. Fürchten Sie nicht mit Frau Bohley gleichen Unbill?
Es geht hier nicht um die Fragestellung Bohley oder Fischer, sondern es geht um die Frage, ob es bei dem Posten des Stasi-Beauftragten bereits personelle Festlegungen gibt, wie es die SPD signalisiert. Es gibt keine personelle Festlegung, es sind viele Namen denkbar, und ein Name, der bei uns gefallen ist, ist der von Frau Bohley.
Der Name Bärbel Bohley stößt bei den Sozialdemokraten nicht gerade auf Gegenliebe. Die Sozialdemokraten werfen der Bürgerrechtlerin ihre Kritik am brandenburgischen Ministerpräsidenten Stolpe vor.
Dieser Eindruck ist richtig, wir haben Hinweise aus der SPD bekommen, daß erhebliche Bedenken gegen Frau Bohley bestehen. Frau Bohley ist nun nicht jemand, der in unserem politischen Umfeld angesiedelt ist. Wir haben allerdings gesagt, daß die Position des Stasi- Beauftragten nicht nach parteipolitischen Gesichtspunkten besetzt werden soll, es sollte nur eine breite Übereinstimmung über die Person bestehen.
Welche Kompetenzen soll die Stasi-Beauftragte bekommen?
Sie soll die Betroffenen beraten, sowohl diejenigen, die in das Stasi-System verwickelt waren, als auch diejenigen, die von der Stasi gequält worden sind. Es handelt sich nicht um eine zweite Gauck-Behörde. Die Arbeit ist auf fünf Jahre befristet.
Wann werden Sie sich auf eine Person für den Posten geeinigt haben?
Ich gehe davon aus, daß das das alles noch vor der Sommerpause realisiert wird. Interview: Dieter Rulff
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