: Pro: Dienst in Vietnam
■ Ein Meinungskrieg zu einer Serie, deren letzte Folge heute um Mitternacht auf RTL plus über die Bildschirme flimmern wird
Die Höhe der Einschaltquote ist nicht überliefert. Verbürgt ist indes, daß eine Mitternachtsserie, deren letzte Folge heute abend bei RTL plus zu sehen sein wird, von linksradikal angehauchten Polizeireportern ebenso gern goutiert wird wie von Streetfightern aus dem autonomen Milieu: Dienst in Vietnam. Sie erzählt die, gottlob, wenig ruhmreiche Geschichte des amerikanischen Krieges in Südostasien — aus der Perspektive der minderrangigen Soldaten, vor allem mit den Augen des allzeit umgänglichen Sergeanten Zeke Anderson. US-Produzent Zev Brown, dessen Arbeit bislang nicht die Herzen der linksliberalen Schickeria erobern konnte, hat die Story ohne jeden ideologischen Hintersinn aufbereitet. „Mein Ziel war, die Wirklichkeit zu zeigen, so, wie es damals in den sechziger Jahren war.“
Dies ist ihm — zumindest was den amerikanischen Anteil betrifft — in Ansätzen gelungen. Tour of Duty (so der amerikanische Originaltitel, deutsch etwa: Dienstpflicht) gehört zu den besten TV- und Filmbeiträgen, die in den vergangenen Jahren das amerikanische „Trauma Vietnam“ aufgenommen haben. Gezeigt wird der Einsatz in Vietnam „gegen den Kommunismus“ (so in einer Folge ein Soldat als Begründung für sein Kommando, bei dem in einem vietnamesischen Dorf 42 Zivilisten ermordet werden), wie ihn offenbar das soldatische Fußvolk wahrnehmen konnte: als Banalität, als Räuber-und-Gendarm-Spiel auf höherem Niveau, als Antwort auf Arbeits- und Perspektivlosigkeit und als Möglichkeit, Elendsviertel wie die Bronx zu verlassen. Dienst in Vietnam ist eine Art Lindenstraße für derbere Gemüter. Folge für Folge werden andere pädagogische Plots seziert: Agent Orange, Morde an Zivilisten, Heroin als Mittel gegen den Frust, gar ein schwuler Soldat... Undenkbar, es droht ihm die unehrenhafte Entlassung. Doch die Kameraden, die sonst ambivalent kameradschaftlich, fast zärtlich miteinander umgehen, sind schwer irritiert. „Eine Schwuchtel in der Army“, ätzt ein Jungspund aus der Prärie, der selbst aussieht wie der schwule Pornostar Jeff Stryker. Nur Zeke Anderson hetzt nicht mit, ein schwarzer Offizier gibt dem Stigmatisierten gar zu verstehen, daß ihm seine Solidarität gehört, „schließlich weiß ich, wie es ist, ausgestoßen zu werden“. Die Botschaft ist einfach: Die Kameradschaft der good guys ist Voraussetzung zum Sieg, also keine Ausgrenzungen, Rassismus ist unerwünscht. Black & white? No problem.
Träume bleiben dabei nicht auf der Strecke, da sei kein harter Einsatz vor: Zeke Anderson, der integre Kumpel, der große Bruder mit den erotischsten Augen der TV-Geschichte, weiß auch nicht, warum der Krieg stattfindet. „Krieg ist die falsche Lösung“, sagt der Kriegsgegner Doc Horne. Und Anderson brummt darauf: „Vielleicht, aber das ist hier nicht die Frage.“
Terminatoren und andere Supermänner siedelt die Regie vornehmlich im nichtsoldatischen Milieu an: „Die CIA ist nicht gerade meine Lieblingsorganisation“, sagt beispielsweise der schwarze General, eine Botschaft, die die US-amerikanischen TV-Konsumenten — hauptsächlich junge Männer und Kinder — sofort verstehen: Mit Machenschaften geheimdienstlicher Provenienz will man nichts zu tun haben.
Dienst in Vietnam gibt mehr Stoff für eine Dabatte darüber her, warum Kriege wie der der USA wider den Nahen Osten, gegen Grenada, Panama oder vor allem gegen Vietnam kaum Kriegsdienstverweigerungsaktionen nach sich gezogen haben.
Krieg ist kinderleicht. Und schrecklich. Und irgendwie auch identitätsstiftend. Man tut es für das Vaterland. Warum? Niemand weiß es. Aber es gehört dazu wie das Schulgebet und die Armenspeisung. „Die Tour of Duty, realitätsnah abgemischt mit der Musik der sechziger und siebziger Jahre (Mr. Tambourine Man, Hey tonight) klärt hundertfach mehr auf über abendländische Mentalität als dreihundert Klampfensongs einer Joan Baez. Arne Fohlin
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