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KOMMENTARESpäte Rüge für die Berliner SPD

■ EG-Kommission läßt Daimler-Benz für den Potsdamer Platz nachzahlen

Beklagen kann sich Daimler Benz nicht. Schlappe 33,8 Millionen Mark, ein Drittel des Kaufpreises, muß der Konzern für sein Grundstück am Potsdamer Platz in Berlin nachzahlen — so will es die EG-Kommission. Für ein Grundstück im Herzen der Hauptstadt ist das immer noch preiswert, zumal der Konzern seine geplante Bürofläche unauffällig, aber sukzessive auf fast das Doppelte vergrößern konnte, ohne dafür entsprechend dem Gegenwert vom Land Berlin zur Kasse gebeten zu werden. Daß Daimler Benz, wenn auch zähneknirschend, zahlen wird, statt — wie es der Berliner Senat immer wieder öffentlich befürchtet hatte — vom Kaufvertrag zurückzutreten, überrascht wahrlich niemanden.

Berlin als Hauptstadt des reichsten Staates in Europa ist nun dem rauhen Wind des wirklichen Wirtschaftslebens ausgesetzt. Die Stadt ist kein Subventionsparadies mehr, sondern darf und muß marktgerechte Preise nehmen. Das ist nur zu begrüßen, denn der Wettlauf der Bürgermeister, Konzernen nach Möglichkeit Subventionen anzudienen, schadet letztlich allen Städten. Daher — und nicht wegen der läppischen paar Millionen für die Landeskasse — sollten auch Berliner Politiker den Spruch der EG-Kommission begrüßen. Die gestrige Entscheidung der EG wirft jedoch auch ein bezeichnendes Licht auf die Rolle der damals verantwortlichen Politiker. Mit der Festsetzung der Nachzahlung steht nämlich fest, daß Berlin sein wertvollstes Grundstück mehr oder weniger verschleudert hatte — und das unter einem rot-grünen Senat, der zudem als Sammelplatz der Linken galt. Die Verhandlungen mit Daimler Benz führte bekanntermaßen der rotbeschalte Regierende Bürgermeister Walter Momper, den Verkehrswert ließ sein Bausenator Wolfgang Nagel ermitteln. Beide gehören dem linken Flügel der Berliner Sozialdemokraten an. Die SPD steht auch heute noch zu ihrem damals heftig vertretenen Kaufpreis. Auch die Koalitionspartnerin, die grüne Stadtentwicklungssenatorin Michaele Schreyer, konnte den Verkauf zu diesem Preis nicht verhindern. Daß sie tatsächlich Recht gehabt hat, nützt im nachhinein wenig. Das Verhalten der Berliner SPD gegenüber Deutschlands größtem Rüstungskonzern war mehr als subaltern. Übrigens: Auch eine CDU-Regierung hätte nicht billiger verkauft — und wirkungsloser wären die Grünen auch in einer Koalition mit den Christdemokraten nicht geblieben. Sollte nicht deshalb schwarz-grün im Daimler-Land Baden-Württemberg eine Chance bekommen? Eva Schweitzer

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