■ Lokaltermin
: Schlipse und Schlampen

Schlipse und Schlampen

»Vormittags kommen Schlipse, nachmittags gemischtes Volk, abends die Szene, und ab drei Uhr werden wir auch mal zur Spelunke.« Das »MittenDrin« liegt keine zehn Minuten von der Warschauer Brücke entfernt an der Ecke Wühlisch-/ Gärtnerstraße — Friedrichshainer Kiez. Konkurrenz hat es seit Eröffnung vor gut einem dreiviertel Jahr kaum. In dieser Gegend gibt es nichts Vergleichbares, was so genau den Nerv eines breiten Publikums trifft und es geschafft hätte, sich genau zwischen Szenecafé und Kiezkneipe anzusiedeln. »Wir wurden schon am ersten Tag regelrecht überrollt, und der Laden läuft ausgesprochen gut. Wir schreiben schwarze Zahlen von Anfang an«, erzählt Jörg Maaske. Er und Stephan Rudat sind die Inhaber des MittenDrin — »die tolerante Versuchung in F.-hain«, wie es in der Karte steht. Der Name ist in einer wilden Bier-Tequila-Nacht entstanden. Die Belegschaft ist noch jung — Stephan Rudat mit 35 Jahren der älteste. Das gute Klima unter ihnen spüren auch die Gäste. »Es kommt vom Anzugtypen bis zum Schmuddelpack so ziemlich alles«, beschreibt eine Kellnerin ihr Publikum.

Geschlossen ist das MittenDrin täglich nur von 8 bis 10 Uhr, sonst ist es immer geöffnet. Wenn die Kneipen in der Umgebung gegen Morgen schließen, kommen die Wirte selbst noch aus Kreuzberg hierhier und trinken ihr Feierabendbier. Es gibt Herforder, Wernesgrüner und Bürgerbräu vom Faß (alle 0,3l für 2,40 Mark) und weitere Sorten Flaschenbier wie beispielsweise Guinnes (3 Mark). Die Küche wird von drei festangestellten Köchen betrieben, die ihr Handwerk wirklich gut verstehen. Die Küchenrenner sind Broccoli mit Schinken und Käse überbacken — 6.30 Mark sowie Rinderfiletsteak für 13 Mark. Auch sonst liest sich die Karte ausgesprochen appetitlich.

Das Innendesign ist modern, alle acht Wochen wechselt eine Verkaufsausstellung an den Wänden, und mittwochs würde es regelmäßig Musik geben, wenn es nicht gerade Ärger wegen der Lautstärke mit einigen Mietern im Haus gäbe. Stephan Rudat als abgewickelter Musikrepräsentant des einstmaligen Palastes der Republik mit guten Kontakten zum Rundfunk kümmert sich um die Bands. Daß es vornehmlich Ostbands sind, ist durchaus Absicht und ebenso erfolglreich. Als zum Beispiel »Die Zöllner« da waren, drängelten sich im mit gut fünfundfünfzig Sitzplätzen ausgestatteten Laden über hundertfünfzig Leute. Demnächst gibt es eine offizielle Geräuschpegelmessung, die darüber entscheiden wird, wie es mit den Live-Konzerten weitergeht. Notfalls muß noch einiges mehr an Geld in die Abdämmung der Wände gesteckt werden. Doch auch so platzt das MittenDrin an jedem Abend ab 20 Uhr aus allen Nähten. Im Sommer soll bis auf die Straße bedient werden — Tische und Stühle warten nur darauf, daß es wärmer wird. Wenn am 12. Juni das einjährige Bestehen gefeiert wird, soll es eventuell ein richtiges Straßenfest geben — dann ist hoffentlich auch der Ärger mit der Live-Musik geklärt. Bis dahin aber kann man ruhig schon mal vorbeischauen — Wernesgrüner vom Faß gibt's immer.

»MittenDrin«, Wühlisch-/ Ecke Gärtnerstraße, Friedrichshain