: Tunnel gefährdet Wohnungsbauprojekt
■ Das Wohnungs- und Gewerbeprojekt Halenseedeckel scheitert womöglich, weil die Verkehrsverwaltung kein Eisenbahnkonzept geliefert hat
Charlottenburg. Das geplante Großbauprojekt auf dem Halenseedeckel droht daran zu scheitern, daß Verkehrssenator Herwig Haase (CDU) bis heute kein konsensfähiges Eisenbahnkonzept für Berlin vorgelegt hat. Denn der Halenseegraben, der mit einem 11,7 Hektar großen Betondeckel nebst Wohnungen und Gewerbe überbaut werden soll, gehört der Verwaltung des ehemaligen Reichsbahnvermögens (VdeR). Und die stellt ihr Gelände nicht zur Verfügung, solange nicht entschieden ist, ob der geplante Eisenbahntunnel gebaut oder ob der Eisenbahnring um die Innenstadt erweitert wird.
»Die Projektrealisierung scheiterte bisher daran, daß aufgrund der immer noch ausstehenden Entscheidung über den Bau des Nord-Süd-Eisenbahntunnels keine Konkretisierung der seitens der Deutschen Reichsbahn benötigten Flächen erfolgen konnte«, bemängelte Bausenator Wolfgang Nagel (SPD) auf eine kleine Anfrage des FDP-Abgeordneten Jürgen Biederbick. Erst wenn die Entscheidung über das Bahnkonzept für den Großraum Berlin vorliege und es einen Senatsbeschluß über das Projekt Halensee gebe — der offenbar wider Erwarten auch noch aussteht — könne man weitere Planungsschritte einleiten, so Nagel weiter.
»Wir müssen vor einer detailierten Planung wissen, wie viele Gleise und Weichen wir im Halenseegraben brauchen«, erläuterte die zuständige Mitarbeiterin der VdeR, Plite, auf Anfrage. Derzeit gebe es zwar »Überlegungen«, aber weder ein Konzept für das Halenseeprojekt noch einen — nötigen — Bebauungsplan, so daß man weit davon entfernt sei, Einzelheiten mitteilen zu können oder gar Investoren mit der Realisierung zu beauftragen. Informationen der taz aus dem Bezirksamt Charlottenburg, nach denen das Projekt ohnehin daran scheitern werde, daß der Bau des geplanten Deckels sehr viel teurer werde als zunächst angenommen, mochte Frau Plite nicht bestätigen.
Das Halenseeprojekt ist eine Idee des früheren Bausenators Georg Wittwer (CDU) aus der Zeit vor der Maueröffnung. Wittwer wollte damals 1.500 Wohnungen auf einem Betondeckel errichten, zuzüglich einiger Gewerbeetagen. Sein Nachfolger Nagel hatte im Oktober 1990 erklärt, man werde auf dem geplanten Deckel nur 700 Wohnungen bauen, und zusätzlich bis zu 150.000 Quadratmeter Bürofläche, weil das eher finanzierbar sei. Nagel rechnete damals mit dem Baubeginn in zwei Jahren, das Einverständnis der Reichsbahn erwartete er »innerhalb der nächsten zwei Monate«. Der Senator sprach außerdem von 28 interessierten Investoren.
Wann die Entscheidung über das Eisenbahnkonzept und damit über die von der Reichsbahn blockierten Bauflächen fällt — zu denen übrigens auch, wie berichtet, das Wohnungsbauprojekt Moabiter Werder gehört — steht in den Sternen. Ursprünglich hätte die Senatsverkehrsverwaltung schon Anfang dieses Jahres einen Vorschlag vorlegen sollen, mit dem das Bundesverkehrsministerium einverstanden ist. Nach optimistischen Schätzungen soll nun im Mai, spätestens im Juni eine Entscheidung fallen. Eva Schweitzer
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