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"Den Verirrten den Weg zeigen"

■ betr.: "Geschlossene Vorstellung" von Henryk M. Broder, taz vom 16.4.92

betr.: „Geschlossene Vorstellung“ von Henryk M.Broder,

taz vom 16.4.92

Lieber Henryk! Die schwarze Magie Deiner heftigen Konspiration ist entlarvt. Du kannst mir doch nicht erzählen, daß diese akademische Minivereinigung Dich wirklich aufregt! Langsam fällt der Nebel, endlich zeigen sich Konturen der Vernunft, und nun kommst Du mit gigantischer Verspätung und zeichnest das Gebirge flach. Broder — mein Herz — mit Deiner große Fresse kommst Du nicht in den Himmel. Gezielte Desinformation und die Sprache eines genervten deutschen Zuchtmeisters sind Deine Waffen („Es geht nicht an, daß...“) Die taz-Leser sollen wissen, daß nicht nur der Präsident der Anstifter und Übeltäter ist. Da sind noch die restlichen SED-Handlanger, die sich zaghaft, aber mehrheitlich der Ostberliner Braut an den Hals werfen. Sie alle geblendet von Barmherzigkeit und Neosozialismus? Nein — Auge in Auge mit den fremden Neulingen wird man den strengen Maßstäben der Broderschen Geschichtsforschung in Zukunft gerecht werden. Du kannst dabei aktiv mitmachen und uns Verirrten den Weg zeigen.

Unter uns: Jetzt ist die Akademie das Tollhaus, das ich mir immer gewünscht habe. In seinen heiligen Hallen, Kellern und Archiven verkehren die preußische Tradition (Buh!), Liebermannscher Akademismus; Söhne des Kalten Krieges, figürliche und abstrakte aller Zeiten, reizvolle Life-Zeugen der Geschichte wie Herr Mayer, Frau Wolf, Frau Hoppe und die von dir dämonisierten neuen Mitglieder aus SED-Beständen. Bitte schau Sie Dir doch an die „Neuen“, aber bitte gründlich und urteile später. Mit dieser Gesellschaft kommen nun Deine und meine Kulturbündler zusammen. Daß ihr Nachlaß in schlechte Hände gerät, ist ein Witz. Du hattest genug Zeit, sie zu warnen — und außerdem — mit ihren Widersprüchen sind sie doch in diesem Tollhaus bestens aufgehoben und geehrt. — Wie auch immer — kommen wir zurück zu den Neugewählten. Wenn es Dir nicht gelingt, ihnen Verrat und Mißhandlung nachzuweisen, ist Dein Aufschrei auf dem dünnen Boden der gezielten Bosheit und der viel zu allgemeinen Fluchtrhetorik gewachsen. Und was Jens betrifft: ich bleibe ihm schon deswegen treu, weil er mich manchmal an den „mad german professor“ einer Jerry-Lewis-Komödie erinnert. Aber Jerry Lewis ist Vergangenheit. Im Film Terminator II würde er, weil er noch Gefühle zeigt, genau wie Sarah Connor, die behauptet, ihr Sohn sei in Gefahr und werde von einem Cyborg aus der Zukunft verfolgt, vorsorglich in die Klapsmühle kommen.

Was aus Dir wird, ist mir noch unklar.

Ich grüße Dich und Deinen freundlichen Hund, der mir sehr gefällt und der sich diesmal (nicht immer) für sein Herrchen schämen muß.

Alles Gute Dein Peter Lilienthal, Mitglied beider Akademien und Direktor der Abteilung Film- und Medienkunst der AdK, Berlin

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