Katerstimmung

■ Trotz Milliardenhilfe bleibt der Transformationsprozeß für Rußland schwierig

Katerstimmung Trotz Milliardenhilfe bleibt der Transformationsprozeß für Rußland schwierig

Der Internationale Währungsfonds (IWF) und die Weltbank werden für ihr Rußlandprogramm viel gescholten. Die einen kritisieren, daß das 24-Dollar-Hilfspaket viel zu klein sei, um den Umbau der Plan- in eine Marktwirtschaft zu leisten. Die anderen monieren, daß es in der derzeitigen Situation völlig absurd sei, auch nur einen Dollar nach Moskau zu schicken. Dabei tun IWF und Weltbank im Fall Rußland das im real existierenden Kapitalismus einzig Mögliche — und dennoch haben beide Seiten der Kritik recht.

In Rußland handelt der IWF genau so, wie es Dritte-Welt-Gruppen seit langem für Programme in Entwicklungsländern fordern. Expertengruppen bereisen das Land, schauen sich in Fabriken, Geschäften und Kolchosen um und erarbeiten das Programm gemeinsam mit der Regierung (wenn wahrscheinlich auch nicht mit unabhängigen Bürgergruppen). Die Industrieländer als Finanziers des Fonds zahlen Milliardensummen. Sogar darüber, wie den sozial Schwächsten während der Zeit der harten Schnitte in den defizitären Staatshaushalt trotzdem Unterstützungen gewährt werden können, machen sich Weltbank-Experten heute glaubhaft Gedanken.

Das alles wird nicht verhindern, daß in den nächsten Jahren in Rußland das passiert, was derzeit in Lateinamerika stattfindet. Die Staatshaushalte, die Wirtschaftsdaten, das Währungssystem werden sich nach der Zeit des Zusammenbruchs (die in Rußland gerade erst beginnt) langsam erholen. Die Lebensbedingungen der Mehrheit der Bevölkerung sind dadurch aber noch lange nicht angenehmer. Sie bessern sich vielleicht, aber auf jeden Fall erst mit erheblicher Verzögerung, wenn die Wirtschaft anfängt zu wachsen. Für die Menschen erträglicher gestaltet werden könnte ein derartiger Prozeß nur mit sehr viel Geld. Das wiederum müßten die Industriestaaten aufbringen — finanziert letztlich aus ihrem Wirtschaftswachstum, das derzeit nur sehr gering ist. Und gering dürfte auch die Neigung der Bevölkerung in den Industrieländern sein, für das Wohlergehen von Russen oder Kasachen auf eigenen Wohlstand zu verzichten.

Wahrscheinlich wird angesichts der Schwierigkeiten in Rußland das Interesse der so häufig beschworenen westlichen Investoren genauso ausbleiben wie in Bulgarien oder Rumänien. So zeigen sich zwischen den historischen Stunden der Wirtschafts- und Währungsunion zwischen der DDR und der Bundesrepublik 1990 und der Aufnahme der ehemaligen Sowjetrepubliken in den Internationalen Währungsfonds bittere Parallelen: Der Kater nach den Feierstunden dauert lange an. Donata Riedel, Washington