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Marsch, marsch

■ Der Beitrag des deutschen Fernsehens zur Weltbevölkerunsdiskussion

Marsch, marsch Der Beitrag des deutschen Fernsehens zur Weltbevölkerungsdiskussion

Pünktlich zur gestrigen Vorlage des UNO- Weltbevölkerungsberichts haben Deutschlands öffentlich-rechtliche Meinungsmacher zugeschlagen: Mitten in der Nacht, zur Geisterstunde von 23.45 Uhr, sendete die ARD das BBC- Fernsehgruseldrama „Der Marsch“ — eine rührselige Schauergeschichte über Millionen heuschreckenartiger Afrikaner, die durch die Sahara-Wüste dem gelobten Europa entgegenwandern, unterwegs von Gaddafi mit Lebensmitteln versorgt werden und auf der Nordseite der Straße von Gibraltar eine waffenstarrende EG-Elitetruppe antreffen.

Die erste Ausstrahlung des Machwerks liegt nicht einmal zwei Jahre zurück; damals lief es als Teil eines TV-Abends mit dem altmodischen Obertitel „Eine Welt für alle“ und wurde entsprechend prominent präsentiert. Heute verharrt es unkommentiert und eher versteckt, an einer normalerweise schlechten Krimis vorbehaltenen Programmstelle. Fiel den Programmachern tatsächlich nichts Besseres ein, um die komplexen Zusammenhänge zwischen Bevölkerungsentwicklung, Migration, Wirtschaftskrise, Umweltschäden und politischer Instabilität in Afrika zu beleuchten?

Das hirnlose, allen Tatsachen widersprechende Schreckensbild mittellos manipulierbarer, ziellos herumstreunender Wüstenhorden, denen eine Europa genannte Fata Morgana Erlösung aus der Verdammnis des schwarzen Kontinentes verspricht — es hat mit den Problemen der Entwicklungs- und Bevölkerungspolitik nichts, mit denen der kollektiven Ängste eines verunsicherten und in die eigenen Probleme verstrickten Europa jedoch sehr viel zu tun. Wer es gestern nacht vor dem Bildschirm aushielt, sollte den Film nicht als Beitrag zum besseren Verständnis der Welt begreifen, sondern als Warnung vor möglichen Vereinfachungen, die bei einer Vertiefung der politischen Krise in Bonn zum bestimmenden Grundton deutscher Außenpolitik werden könnten. Dominic Johnson

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