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»Nationalen«-Kundgebung soll verboten werden

■ Antifaschisten haben zu einer Gegenkundgebung aufgerufen/ Bündnis 90 lehnt Teilnahme ab/ Heute Sondersitzung der BVV Lichtenberg

Berlin. Die Veranstaltung der rechtsextremen Gruppe »Die Nationalen« am kommenden Samstag in Karlshorst wird wahrscheinlich verboten. Eine entsprechende Erklärung gab gestern Innensenator Dieter Heckelmann im Senat ab.

Wie Senatssprecher Eduard Heußen nach der Sitzung mitteilte, sehe sich Heckelmann wegen möglicher Ausschreitungen zwischen den Rechtsextremen und Gegendemonstranten nicht in der Lage, die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten. Gegenwärtig prüft die Polizei die rechtlichen Möglichkeiten eines Verbots. Wie der Sprecher der Polizei, Eberhardt Schultz, erklärte, wolle man die Entscheidung möglichst früh fällen, in der Hoffnung, »daß das deeskalierend wirkt«.

»Die Nationalen«, ein Wahlbündnis, dem Mitglieder der »Deutschen Liga für Volk und Heimat«, ehemalige NPD-Aktivisten und Versprengte der DSU angehören, wollen zum 47. Jahrestag der Beendigung des Zweiten Weltkrieges an dem Ort demonstrieren, an dem die Kapitulationsurkunde unterzeichnet wurde.

Ein »Bündnis Berliner Antifaschistinnen und Antifaschisten« hat zu einer Gegendemonstration aufgerufen. Dieser Aufruf wird von zahlreichen Gruppen aus dem Bereich der Friedensbewegung sowie den Jusos und den Gewerkschaften Handel, Banken und Versicherung und Medien unterstützt. Das Bündnis 90 hat sich gegen eine Teilnahme an dieser Gegendemonstration ausgesprochen, da dies »kein wirksames Zeichen gegen Auftreten von Antisemitismus und Faschismus in Berlin« sein könne. Vielmehr würde damit eine Konfrontation riskiert. Zwischen den beteiligten Gruppen ist noch strittig, wie nah am Aufmarsch der »Nationalen« die Gegendemonstration enden soll. Von der Beantwortung dieser Frage machen auch die Grünen ihre Unterstützung abhängig.

In einem Brief an den Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen haben gestern Überlebende des Konzentrationslagers Auschwitz ihre Wut und Empörung über die wachsenden Aktivitäten rechtsextremer und neonazistischer Gruppen in der Bundesrepublik bekundet. Als besondere Verhöhnung der Opfer empfanden sie die Tatsache, daß »Die Nationalen« den rechtsextremen englischen Historiker David Irving als Gastredner eingeladen haben, der in Wort und Schrift das NS- Regime verherrliche und Millionenopfer als »Auschwitz-Lüge« verhöhne. Bereits am Montag hatte der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Heinz Galinski Diepgen aufgefordert, »alles zu unternehmen, um diese rechtsradikale Provokation zu vereiteln«.

Ein Verbot war auch vom DGB und von der SPD gefordert worden. Beide Organisationen rufen bislang jedoch nicht zur der Gegendemonstration auf.

Wegen des geplanten Aufmarsches wird heute die Lichtenberger Bezirksverordnetenversammlung zu einer außerordentlichen Sitzung zusammenkommen. Die Verordneten wollen über einen Antrag der PDS beraten, in dem Heckelmann ebenfalls zu einem Verbot der Kundgebung aufgefordert wird. dr

Siehe auch Seite 22

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