„Ost-West-Konflikt“ in der Brandenburger CDU

■ Landesparteitag will heute die Wogen glätten

Berlin (taz) — Herrscht in der Brandenburger CDU Krieg? Mitglieder der seit Wochen völlig zerstrittenen Partei, die wiederum im Dauerclinch mit Teilen der Potsdamer Landtagsfraktion liegt, sprechen das Wort „Krieg“ mittlerweile unverhohlen aus. Im Augenblick verläuft die Front zwischen Ost und West, dem letzten Innenminister der DDR und heutigen Fraktionsvorsitzenden Peter-Michael Diestel und dem aus Westdeutschland zugereisten Landesparteichef Ulf Fink.

Entzündet hat sich der grundsätzliche Konflikt wiederholt an konkreten Themen. Während Fink den Landesverband für die Forderung an den brandenburgischen Ministerpräsidenten Manfred Stolpe (SPD) gewinnen konnte, das Amt bis zur Klärung seiner Stasi-Verwicklungen ruhen zu lassen, zeigte Diestel in aller Öffentlichkeit eher Verständnis für die Rolle des ehemaligen Konsistorialpräsidenten der evangelischen Kirche in der DDR. Er weigerte sich schlicht, die Aufforderung via Fraktion an Stolpe weiterzureichen.

Darüber hinaus stimmte Diestel im Landtag gegen das Votum des CDU-Landesverbandes für die neue Brandenburger Verfassung. Er will sich auch nicht dem absehbaren Aufruf seiner Partei an die Bürger des Landes anschließen, die Verfassung beim Wählervotum am 14. Juni abzulehnen, weil sie stellenweise grundgesetzwidrig sei. Hinzu kommen irritierende Äußerungen des Fraktionschefs zugunsten der Stasi und deren Mitarbeitern, die bis hin nach Bonn in CDU-Reihen für helle Empörung und Rücktrittsforderungen gesorgt haben.

Auf dem für heute abend einberufenen außerordentlichen Parteitag in Werder an der Havel soll nun versucht werden, die Wogen zu glätten. Nach Überzeugung von Fink-Anhängern soll der Fraktionschef endlich akzeptieren, daß der Parteivorstand „das Sagen hat“ und die Landtagsfraktion als verlängerter Arm des Landesverbandes klare Oppositionspolitik betreiben müsse, statt auf „Schmusekurs“ mit Stolpe zu gehen. Fink wiederum und sein Generalsekretär Thomas Klein werden sich gegen den Vorwurf verteidigen müssen, sie bevorzugten Westdeutsche im Landesverband.

Peter-Michael Diestel will heute abend „alle Vorwürfe zurückschleudern“. Der Parteitag kann nicht an seinem Stuhl sägen. Entmachten können ihn nur seine Fraktionskollegen — mit Zweidrittelmehrheit.

Den erst jüngst gefaßten Beschluß des Landesverbandes, dem „aufkommenden Ost-West-Konflikt“ entgegenzutreten, halten viele Parteimitglieder jedenfalls schon für gescheitert. „Das ist genauso, als wenn man mit einem Beschluß gegen Ebbe und Flut an der Nordsee vorgehen wollte“, erklärte gestern ein Mitglied der Potsdamer Fraktion. bg