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„Astoria“-Geschädigte glauben an einen Konkursbetrug

■ Gläubiger des Astoria-Konkurses wollen sich als Interessengemeinschaft organisieren und sammeln Material für ein Strafverfahren

„Chaotisch und grauenvoll“ sei das gesamte Rechnungswesen des Astoria gewesen, berichtete gestern einer, der es wissen muß, auf der Gläubiger-Versammlung des in Konkurs gegangenen Veranstaltungsszentrums. Gut 20 Herren, allesamt Anwälte oder Firmeninhaber, drängelten sich in dem viel zu kleinen Raum einer Kanzlei an der Schlachte, um eine „Interessengemeinschaft der Astoria-Geschädigten“ zu gründen. Bei der völlig überschuldeten Astoria-GmbH ist angesichts einiger Millionen Mark Schulden nichts zu holen, deshalb wollen die Handwerker und Lieferanten versuchen, über ein Konkursbetrugsverfahren Achim Grunert persönlich haftbar zu machen. Der Staatsanwalt ermittelt bereits.

„Man kann sich unmöglich geirrt haben in der Größenordnung von 1,5 Millionen“, erklärte Gläubiger-Anwalt Schotte. Daß Achim Grunert „einfach so ins Blaue hinein geplant“ hatte und damit schon im vergangenen Herbst möglicherweise einen „Eingehungsbetrug“ begangen hat, darauf war der Anwalt bei der Lektüre des taz- Beitrages von Robert Bücking, Design- Planer im Astoria, gestoßen (vgl. taz 2.5.) Bücking hatte geschildert, daß Grunert die Investition für das ganze Objekt nur auf einem DIN-A-4-Zettel notiert und keinerlei seriöse Finanzplanung gehabt hat. Uli Bau, Bauleiter bei Astoria und wegen 60.000 Mark Gehaltsausständen in der Gläubigerversammlung dabei, meinte dazu: „Diesem Bericht ist nichts hinzuzufügen. Da gäbe es noch viele Geschichten zu erzählen.“ Grunert sei „organisatorisch und finanziell überfordert gewesen. Während er als Bauleiter von einem erforderlichen Investitionsvolumen von 3,5 Millionen ausgegangen sei, habe Grunert einfach über den Daumen gesagt, man werde mit 1,5 bis 2 Millionen auskommen. In Wirklichkeit wurden es mehr als 4 Millionen Kosten.

Eine Finanzplanung oder Abrechnungen über Einnahmen aus dem seit dem 13. Dezember nicht schlecht laufenden Betrieb habe er genausowenig wie der Mitgesellschafter „Nuts“ Linnenbaum gesehen, berichtete Bau. Sie hätten allerdings gemerkt, daß der Druck der Gläubiger zunimmt. Als Grunert im Februar Urlaub auf den Malediven machte, seien er und Linnenbaum deshalb einfach ins Büro in die Hartwigstraße gegangen und hätten die Akten nach Kassenbelegen durchsucht: „Chaotisch und grauenvoll“ sei gewesen, was sie da fanden, angesichts der offenen Rechnungen seien sie „leicht blaß geworden“.

Für alle Geldangelegenheiten hat offenbar der Steuerberater Peter Aust eine große Rolle gespielt. Er war es, der mit Angaben über angebliche Verhandlungen über neue Kredite mit Beck&Co die Gläubiger im März und April beruhigte – Beck dementiert, daß es derartige Verhandlungen gegeben hat. In derselben Zeit aber hatten Grunert und Aust versucht, den Mietvertrag für das Astoria auf eine neu gegründete schuldenfreie GmbH zu überschreiben. Offensichtlich hatten die Astoria-Betreiber erwogen, die Handwerker auf den unbezahlten Rechnungen sitzen zu lassen und mit der neuen Firma das Astoria weiterzubetreiben – die Hausbesitzer hatte aber nicht mitgemacht.

Einer der Gläubigerfirmen, dem Freter- Stahlbau, ist das Duo Aust/Grunert schon bekannt: Als Grunert die Disco Zeppelin umbauen ließ, hatte Freter die Stahlkonstruktion geliefert. Monate vergingen, die Gerichte wurden bemüht. (...) K.W.

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