piwik no script img

KOMMENTARIntegrierte Widersprüche

■ Verkehrspolitik auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner

Das gemeinsame Verkehrskonzept zwischen SPD und CDU ist ein fauler Kompromiß. Die Auspuff-Fetischisten — traditionell in der CDU organisiert, aber auch in der SPD zu finden — konnten durchsetzen, daß die Straße weiterhin dem Deutschen liebsten Kind vorbehalten bleibt — dem Auto. Da dürfen öffentliche Verkehrsmittel nicht stören. Menschen, die sich scheinbar nur auf vier Rädern bewegen können, bekommen mehr Straßen (Ost-West-Verbindungen genannt) und noch mehr Parkplätze: Firmen und Behörden sollen ihre privaten Abstellflächen »öffnen«. Während den Kilometerfressern sogar das Brandenburger Tor faktisch vor die Bleifüße geworfen wird, haben sich die ökologisch denkenden Fraktionsmitglieder in CDU und SPD so radikal nicht durchsetzen können.

Das vorhandene Straßennetz wird nicht verkürzt, keine einzige Betonschneise wird aufgerissen und nur noch Radfahrern und Fußgängern vorbehalten. Menschen mit Drahtesel oder per pedes werden in dem Konzept ohnehin mit keinem Wort erwähnt. Auch wird es zum Zoo keine Straßenbahn geben. Dennoch enthält die gemeinsame Vereinbarung gute Ansätze: das Tramnetz soll verlängert werden, Busse sollen mit technischen Hilfen oder Busspuren schneller durch den Dauerstau kommen. Um den Zoo/Ku'damm und den Alex soll das Parken endlich Geld kosten. Wie schwach die Ökofront in der Großen Koalition ist, zeigt sich aber auch an den wenig konkreten Aussagen. Beide Fraktionen konnten sich nicht einmal darauf einigen, wie viele zusätzliche Busspuren es geben wird. Nach Terminen darf gar nicht erst gefragt werden.

Den Namen »integriertes Verkehrskonzept« wählte die Große Koalition offenbar nur deshalb, weil SPD-Forderungen, wie beispielsweise die nach 200 Kilometer neuen Busspuren, solange integriert wurden, bis nicht einmal eine Kilometerangabe übrigblieb. Am Steuer der Verkehrspolitik sitzt immer noch die Bleifußfraktion. Dirk Wildt

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen