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Der BGH bestätigt mildes RAF-Urteil

■ Revision gegen den RAF-Aussteiger Beer wurde verworfen/ Sechs Jahre Haft jetzt rechtskräftig

Karlsruhe (dpa/taz) — Die Verurteilung des ehemaligen Mitglieds der Rote Armee Fraktion (RAF), Henning Beer, zu einer Freiheitsstrafe von sechseinhalb Jahren ist rechtskräftig. Mit dem am Freitag verkündeten Urteil wies der Bundesgerichtshof (BGH) die Revision der Bundesanwaltschaft gegen die Entscheidung des Oberlandesgerichts Koblenz im wesentlichen zurück. Die Anklagebehörde hatte, trotz Anwendung der Kronzeugenregelung, elf Jahre Freiheitsstrafe für den RAF-Aussteiger Beer beantragt.

Henning Beer war Anfang Juli 1991 vom Oberlandesgericht verurteilt worden wegen gemeinschaftlich versuchten Mordes in sieben, der Beihilfe zum gemeinschaftlich versuchten Mord in 21 Fällen sowie wegen Beteiligung an den Anschlägen auf Nato-Oberkommandeur Alexander Haig (1979), auf den US-Stützpunkt Ramstein (1981), auf US-General Frederik Kroesen (1981) und wegen eines Raubüberfalls auf die Züricher Volksbank (1979).

Strafmildernd hatten die Richter berücksichtigt, daß das frühere RAF-Mitglied, das von 1982 bis 1990 in der DDR untergetaucht war, zur Tatzeit auf dem Entwicklungsstand eines Jugendlichen gewesen sei. Beer war Ende Oktober 1978 im Alter von 20 Jahren Mitglied der RAF geworden. Da von ihm darüber hinaus ein volles Geständnis abgelegt worden war, hatte das Gericht auch die Kronzeugenregelung angewendet.

Die Revision der Bundesanwaltschaft hatte nur in einem Punkt Erfolg. Der 3. Strafsenat verurteilte Beer im Komplex des Raubüberfalls auf die Züricher Volksbank zusätzlich wegen Raubes mit Todesfolge und wegen Raubes eines Pkws. Auf der Flucht hatte eines der RAF-Mitglieder auf einen verfolgenden Polizisten einen Schuß abgegeben; die Kugel hatte jedoch eine Passantin getroffen und tödlich verletzt. Anschließend hatten die Täter sich eines Pkw bemächtigt und waren geflohen. In beiden Fällen hatte das OLG Koblenz Beer freigesprochen, ihn jedoch wegen weiterer, gezielt auf Verfolger abgegebener Schüsse unter anderem wegen vierfachen versuchten Mordes verurteilt.

Der Bundesgerichtshof bewertete die Tatbeiträge Beers in diesem Fall zwar schärfer, änderte jedoch nichts am Strafausspruch von sechseinhalb Jahren Haft. Die — von der Bundesanwaltschaft ebenfalls angegriffene — Anwendung von Jugendstrafrecht weise keinen Rechtsfehler auf. Im übrigen habe der Senat auch ausschließen können, daß das Oberlandesgericht bei Zugrundelegung des geänderten Schuldspruchs auf eine höhere Strafe erkannt hätte, sagte der Vorsitzende des 3. Strafsenats, Wolfgang Ruß. (Az.: 3 StR 535/91)

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