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Tote Männer schlafen fest

■ Der Gärtner war's nicht: Kriminalfilme von und für Frauen in der Landesbildstelle

Seit seinen Anfängen ist das Kino ein Film-Bild-Theater — eine abbildreiche »Schrift« über die Frau, aber eigentlich nicht für sie. Viel zu selten konnte sich die reale Zuschauerin in ihrem Leinwand-Imago wiedererkennen. Der Detektiv- oder Kriminalfilm war lange Zeit das filmische Terrain für den Macker par excellence. Zwangsläufig mußte sich die Schauspielerin mit dem Rollenrepertoire der hysterisch kreischenden Zicke, der geistig umnachteten Mörderin oder des hilflos verblutenden Opfers begnügen. Nur manchmal, wenn Filmarbeiterinnen den Zugang zu führenden Positionen der Produktionsstätten von Zelluloid-Ikonen fanden, haben sie die Repräsentationsformen des Weiblichen verändert. So ist auch im Kriminalfilm neuerdings nicht mehr immer der Gärtner der Mörder. Spätestens mit dem Einzug der Frauenemanzipation in die Krimiliteratur und, wenn auch spät, in die Filmgeschichte hat sich einiges geändert. Von weiblicher Hand in den Tod beförderte Männer gehören längst nicht mehr zum Stoff, aus dem die militanten Frauenträume sind — mittlerweile sind sie zu filmischer Realität geronnen, wie die Reihe Kriminalfilme von Frauen an der Landesbildstelle Berlin zwischen 18. und 22. Mai beweisen soll.

Anhand von fünf abendfüllenden Spielfilmen internationaler Provenienz und vier Kurzfilmen von Absolventinnen und Noch-Studentinnen der DFFB soll mit tradierten Frauenbildern im Krimi aufgeräumt werden. In den Regiewerken von Frauen geht die Gewalt manchmal, doch beileibe nicht immer von Männern aus. Männer tauchen auf als Mörder von VertreterInnen beiderlei Geschlechts, auch Frauen treten als todbringende Rächerinnen in Erscheinung, aber nie fallen sie der Gewalt von Frauen zum Opfer — Drehbücher, die das Leben schrieb?

Blue Steel von Kathryn Bigelow, ein Polizistinnenfilm in perfekter Hollywoodmanier, wird neben der Kombination von Sexualität und Gewalt beherrscht vom uramerikanischen Sentiment der persönlichen Rache: ein weiblicher Cop und ihre 38er Smith & Wesson. Als vor ihren Augen ihre beste Freundin erschossen wird, beginnt ein mörderisches Spiel, das die Polizistin alias Jamie Lee Curtis genregemäß überlebt. Der Aktionsfetischismus des amerikanischen Kinos setzt sich auch hier durch: die Regisseurin scheut die drastische Konfrontation weiblicher mit männlicher Gewalt nicht, sondern beruft sich sogar darauf als authentischstes Element zur Beschreibung der New Yorker Wirklichkeit.

In allen Filmen der Krimireihe stehen eigenständige, souveräne Individuen weiblichen Geschlechts im Handlungsmittelpunkt. Doch wie so oft, wenn die Identität des Mannes gefährdet scheint, stolpert die Frau auch in Blue Steel über die von männlichen Kollegen unterstellte Inkompetenz: Bereits nach dem ersten Diensteinsatz wird der weibliche Cop vom Dienst suspendiert, das heißt selbst in der Regiearbeit einer Frau ist die Geschlechtsgenossin nicht gegen die Demontage gefeit. Egal ob Tatort-Kommissarin, Staatsanwältin (in Lizzie Bordens Love Crimes) oder Polizistin: letztendlich kann »sie« sich rehabilitieren, doch die Demütigung, der Eindruck des Dilettantismus einer Frau im falschen Beruf: der bleibt. Überhaupt wird eine Frau nur Staatsanwältin oder FBI-Agentin, weil es verdrängte Kindheitstraumata zu bewältigen gilt, wie uns Das Schweigen der Lämmer oder Love Crimes belehren.

Im Kreise der Lieben von Hermine Huntgeburth ist eher ironische als spannende Geschichte eines in Anarchie lebenden symbiotischen Triumvirats, bestehend aus Großmutter, Mutter, Tochter. In Anlehnung an Arsen und Spitzenhäubchen werden die anfallenden männlichen Leichen mumifiziert und im Keller abgelegt. Ein Beispiel ähnlicher Frauensolidarität, wenn auch nicht en famille, liefert Marleen Gorris' feministisches Pamphlet Die Stille um Christine M., in dem drei Frauen, ohne sich zu kennen, kollektiv einen Mann töten.

Fast scheint es, als hätten die Filmheldinnen einen ausgeprägteren Überlebensinstinkt: Im Psychothriller Frequenz Mord von Elisabeth Rappeneau umschifft Catherine Deneuve gekonnt sämtliche Todesangebote, so wie Suzanne Fletscher in Sleepwalk, einer alptraumartigen New-York-Story von Sara Driver (Kamera: Jim Jarmusch). In Die Schnecken von Lih Janowitz werden langhaarige Männer bevorzugt gemeuchelt; Keine Angst, ich folge dir von Marion Engelhardt und Quando La Luna von Maria Teresa Camoglio kommen beide ohne Leichen als Dekor aus, statt dessen werden Ängste von Frauen in Verbindung mit Dunkelheit thematisiert.

Antje Starosts Kurzfilm Schuhmann spielt ironisch mit Elementen des Genres: Dunkelheit, atmosphärische Musik, Nebel. Die Kameraführung entlarvt den voyeuristischen Blick eines Mannes auf die nackten Knie der Schuhverkäuferin. Der »Schuhmann« demütigt sie mit Blicken und Worten, verläßt zuletzt den Laden, ohne gezahlt zu haben. Er wird den nächsten Tag nicht erleben — wie so viele Vertreter seines Geschlechts in den Kriminalfilmen von Frauen — Fatalismus oder späte Rache... Andrea Winter

Landesbildstelle, Wikingerufer 7, heute bis 22.5. 19.30 Uhr

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