Gasag: Erdgas aus der GUS ist ungefährlich

■ Gaswerke beziehen sich auf »Abschätzung« des Bundesamtes für Strahlenschutz/ Grüne fordern regelmäßige Kontrollen

Berlin. Die radioaktive Belastung des Erdgases aus den GUS-Staaten sei so gering, daß sie nicht meßbar wäre. Dies betonte gestern Fritz Stein, kaufmännischer Geschäftsführer der Gasag. In dem Gas radioaktive Atome zu suchen, sei, wie wenn man in der Schweiz ein Haar finden wolle, erklärte Stein. Der durch Pipelines gelieferte Brennstoff wird auf Radioaktivität aber gar nicht untersucht, weil das Ergebnis den Aufwand nicht rechtfertige. Der Geschäftsführer bezog sich bei seinen Aussagen, daß das Gas angeblich unschädlich sei, auf eine Erklärung des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) in Braunschweig.

Das Bundesamt schätzt, daß »unter ungünstigen Annahmen« die abgeschätzte Strahlendosis nicht einmal 10 Nanosievert betrage. Das sei ein Hunderttausendstel der Dosis durch die natürliche Strahlung. Die Abschätzung des BfS beruht auf Messungen, die im Verlauf von Kernwaffentests in den USA durchgeführt wurden. Auf das Zahlenmaterial der US-Militärs habe man zurückgreifen müssen, weil die russische Seite bisher keine Angaben darüber gemacht habe, mit welchen Atombomben sie unter der Erde Gasspeicher »anlegte«.

Da das Erdgas nach Förderung gereinigt und dann über lange Strecken durch Pipelines transportiert werde, könnten nur die gasförmigen Radionuklide Tritium, Kohlenstoff 14 und Krypton 85 zur Strahlenbelastung beitragen, heißt es in einer Presseerklärung. Das Krypton leiste dabei den Hauptbeitrag. Ob die Braunschweiger das Erdgas jemals auf Nuklide untersucht haben, geht aus der Erklärung nicht hervor. Bei der Fraktion Bündnis 90/ Grüne stößt das Verhalten der Westberliner Gasag und der Ostberliner Erdgas AG auf Unverständnis. Das Erdgas müsse unmittelbar untersucht werden, forderte gestern Hartwig Berger, umweltpolitischer Sprecher der Fraktion. Berger vermutet, daß die GUS-Staaten je nach Bedarf das Gas aus natürlich entstandenen Gasfeldern und von den mit Atomwaffen herbeigebombten unterirdischen Gasspeichern gefördert haben. Die Strahlung schwanke möglicherweise erheblich.

Das Bundesumweltministerium teilt Bergers These nicht. Weil das Gas gefiltert werde, so die lapidare Antwort, sei die Qualität auch über längere Zeiträume die gleiche. Günter Weimer, Strahlenschutzexperte beim Umweltminister, sagte, daß bei einer Messung in Süddeutschland die Strahlung von einem Liter Gas 0,1 Becquerel betragen hätte. Angenommen der Wert stimmt, sei die Belastung sehr gering, bestätigte die Atomphysikerin Inge Schmitz-Feuerhacke von der Universität in Bremen. Wenn man sehr lange in geschlossenen Räumen koche, dann setze man sich in etwa der radioaktiven Strahlung aus, die in der Umgebung von Atomkraftwerken existiere. Dirk Wildt