: Nichtwähler sind die stärkste Partei
■ Vorläufige Endergebnisse zu den Kommunalwahlen/ Niedrigste Beteiligung seit 1946
Berlin. Die Kommunalwahlen brachten mit einer Wahlbeteiligung von 61,2 Prozent einen Minusrekord für alle Nachkriegswahlen. Die Nichtwähler seien zur »stärksten Partei Berlins« geworden, sagte gestern Landeswahlleiter Günther Appel. Nach seinen Angaben war die Wahlenthaltung in Bezirken mit sozial schwächerer Struktur und hoher Arbeitslosigkeit besonders hoch, in sozial stabileren Bezirken dagegen niedriger. So lag im östlichen Bezirk Hellersdorf mit 52,4 Prozent die Wahlbeteiligung am niedrigsten, im westlichen Bezirk Zehlendorf mit 72,2 Prozent am höchsten.
Aus den Kommunalwahlen gingen die beiden großen Parteien CDU und SPD als Verlierer hervor. Nach dem vorläufigen Endergebnis konnte die SPD ihre führende Position mit 31,8 Prozent vor der CDU behaupten, die auf 27,5 Prozent der Wählerstimmen kam. Drittstärkste Kraft wurden Bündnis 90/Grüne/Alternative Liste (AL) mit zusammen 13,5 Prozent. Sie traten zwar jeweils nur in einer Stadthälfte an, hatten aber ein Wahlbündnis geschlossen. Es folgt die PDS mit 11,3 Prozent in ganz Berlin. Sie konnte in den östlichen Bezirken mit 29,7 Prozent ihr Ergebnis von den letzten Kommunalwahlen im Mai 1990 knapp halten. Die FDP kam in ganz Berlin auf 4,8 Prozent und übersprang nur im Westteil die Fünfprozenthürde. Die rechtsextremen »Republikaner« kamen insgesamt auf 8,3 Prozent.
Die SPD mußte in den westlichen Bezirken, wo sie 31,8 Prozent erreichte, im Vergleich zu den Bezirkswahlen im Januar 1989 mit minus 6,6 Prozentpunkten die stärksten Verluste hinnehmen. Sie wurde hier von der CDU überrundet, die 35,0 Prozent der Stimmen erreichte. In den östlichen Bezirken sackte die CDU dagegen im Vergleich zu den Kommunalwahlen vom Mai 1990 um 3,9 Prozentpunkte auf nur noch 14,3 Prozent ab, während die SPD nur einen Prozentpunkt einbüßte und auf 31,8 Prozent kam. Bei der Zusammensetzung der Bezirksämter ist es nach Angaben des Landeswahlleiters in mehreren Fällen zu einer Pattsituation gekommen. In Friedrichshain ist ein Patt zwischen SPD und PDS, in Kreuzberg zwischen SPD und »Republikanern«, in Zehlendorf zwischen SPD und der Wählergemeinschaft Unabhängiger Bürger (WUB), in Schöneberg zwischen CDU und SPD und in Weißensee zwischen SPD und PDS. dpa
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