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UNTERM STRICH

Die Schauspielerin Jutta Lampe hat am Sonntag in Berlin den mit 30.000 Mark dotierten Theaterpreis der Stiftung Preußische Seehandlung erhalten. Die Auszeichnung wurde zum fünften Mal während des Berliner Theatertreffens vergeben. Der Heidelberger Intendant Peter Stoltzenberg sagte in der Laudatio, Lampe habe die Arbeit der Berliner Schaubühne mitgeprägt. Stoltzenberg erinnerte besonders an ihre dortige Solo-Rolle „Orlando“ in der Regie von Robert Wilson. Berlins Regierender Bürgermeister Eberhard Diepgen überreichte der Schauspielerin die Urkunde und den Scheck, den Jutta Lampe nicht vor der Urkunde annehmen wollte. Diepgen nannte sie eine „Hohepriesterin der Wortführung“. Die Jury hatte Frau Lampe, die 1943 in Flensburg geboren wurde, den Preis zugesprochen, weil sie seit 25 Jahren eine der prägenden Schauspielerinnen des deutschsprachigen Theaters sei. Ihr erstes Engagement hatte sie am Hessischen Staatstheater Wiesbaden. Nach Stationen in Mannheim und Bremen gastierte sie 1969/70 am Schauspielhaus Zürich. Seit 1971 ist sie der Schaubühne in Berlin — zuerst am Halleschen Ufer und jetzt am Lehniner Platz — treu.

Atahualpa Yupanqui, der argentinische Sänger, Gitarrist und Dichter, ist jetzt in Paris 84jährig gestorben. Atahualpa sang „für die, die keine Stimme haben“: Steine, Bäume, einsame Menschen, Unterdrückte. Seine Musikstücke, oft in fünfstufiger Tonleiter und an Kinderlieder erinnernd, handelten von Einsamkeit, der beschützenden Natur, einem guten Gott (welchen Glaubens auch immer) und einem brüderlichen Gefühl zu den Mitmenschen.

Eigentlich wurde er vom internationalen Publikum zweimal entdeckt, zuerst 1948, als er neben Edith Piaf im Pariser „Ateneo“ auftrat. Da hatte Hector Bohento Chavero, der sich Atahualpa Yupanqui zur Erinnerung an den letzten, von den Spaniern ermordeten Inkakönig nannte, schon ein mühevolles und politisch bewegtes Leben hinter sich. Sein früh gestorbener Vater war Eisenbahner, von ihm erbte er die indianischen Züge mit den schweren Augenlidern, seine Mutter war Baskin. Um die Familie zu ernähren, schrieb er für Zeitungen und spielte vor kleinem Publikum. Unter der Militärregierung der vierziger Jahre wurde er Kommunist — und erhielt neues Publikum in den verschiedenen Gefängnissen. 1952 trat er aus der KP aus, heiratete eine Französin und lebte nach dem Sturz Perons abwechselnd in Paris und Buenos Aires.

In den sechziger Jahren, als die lateinamerikanische Folklore zur Mode wurde, entdeckte man ihn zum zweiten Mal, erhob ihn zum Meister indianischer Volkslieder, von denen Yupanqui fast fünfhundert sammelte. Sie wurden Kernstück seiner Auftritte, in denen er zwischendurch, von selbstvergessenen Tönen und Akkorden auf der Gitarre begleitet, über die traurigen und schönen Dinge des Lebens sprach. „Wenn ich in die große Stille eintrete“, sagte Yupanqui einmal über den Tod, „möchte ich ein Niemand sein, nur ein wandelndes Lied.“

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