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Klare Bilder

■ »Fräulein Julie« aus Köln in der Freien Volksbühne

Dimiter Gottscheff ist Bulgare, fünfzig Jahre alt und erstmalig mit einer Arbeit beim Theatertreffen vertreten. Einer, der von der Veterinärmedizin zum Theater kam, angeregt und umgepolt durch Benno Bessons Frieden-Inszenierung am Deutschen Theater vor gut dreißig Jahren. Dort hat er auch sein Handwerk gelernt, er hospitierte und assistierte bei Besson und Fritz Marquardt. Zurück in Bulgarien inszenierte er von Lessing bis Heiner Müller vor allem deutsche Dramatiker. Aufgrund ideologischer Auseinandersetzungen angefeindet und schließlich mit Berufsverbot belegt, ging Gottscheff 1983 in die Bundesrepublik und arbeitete in Hannover, Düsseldorf und vor allem in Köln. Dort inszenierte er auch Fräulein Julie mit Almut Zilcher in der Hauptrolle. Bernd Grawert spielt den Diener Jean und Claudia Burckhardt Kristin, die Köchin.

Gotscheffs Inszenierungen zeichnen sich durch eine beredte Körpersprache aus. Bewegung und Beweglichkeit als Möglichkeit, Texte, auch Fragmente, sinnlich erlebbar zu machen. Den Blick richtet er dabei immer auf das menschliche Individuum, das als einzelnes Rädchen im Weltgetriebe Fuß zu fassen versucht, aber angesichts der aus der Ordnung geratenen Welt in Hoffnungs- und Ausweglosigkeit erstarrt. Auch in Fräulein Julie scheint Vergeblichkeit das Hauptthema zu sein. Verzweifelte Versuche, sich gegenseitig anzunähern, müssen scheitern, obwohl die Anstrengungen dazu ungeheuer groß sind.

Anläßlich der Kölner Premiere schrieben wir: »Unglaublich klare Bilder der Vergeblichkeit hat sich Gotscheff mit seinen Schauspielern einfallen lassen. Wie es ihm gelang, diesen abgründig schmerzhaften Strindberg-Dialogen eine so grandiose Körperlichkeit zu verleihen, ist wahrhaft sehenswert.« (Marianne Bäumler) burk

Am 30. um 19.30 Uhr und am 31. um 14 und 19.30 Uhr, Freie Volksbühne

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