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Abstimmung per Fernbedienung

Minderheitenprogramm: Medien im kurdischen Wahlkampf  ■ Aus Istanbul Albrecht Metzger

Während auf dem Bildschirm eine Sendung über die Heldentaten Jalal Talabanis, des Führers der Patriotischen Union Kurdistans (PUK), läuft, wendet sich Baba Ali widerwillig ab. „Ist ja alles übertrieben“, sagt er über Talabani, der im Fernsehen um die „Präsidentenwürde“ in Irakisch-Kurdistan kämpft. Mit dem PUK-Sender hat Baba Ali, der seinerseits Anhänger des Gegenkandidaten Masoud Barazani ist, allerdings das für ihn kleinere Übel gewählt. Als TV-Alternative stünde ihm bloß das irakische Fernsehen mit dem unvermeidlichen Saddam Hussein zur Verfügung. Und dessen Propaganda ist er froh hinter sich gelassen zu haben.

Wahlkampf in Kurdistan: Wie in jedem anderen Land auch wird in dieser Zeit das Fernsehen zu einer wichtigen Plattform parteipolitischer Aktivitäten. Die Bedeutung der Medien im Kampf um Wählerstimmen hatte als erstes die Patriotische Union Kurdistans entdeckt. Sie verfügt über vier eigene Fernsehstationen, während es ihre Rivalin, die Kurdische Demokratische Partei (KDP), gerade mal auf eine bringt, deren Qualität auch noch zu wünschen übrigläßt.

Die erste Fernsehstation der PUK wurde in Zakho, einer Kleinstadt an der türkischen Grenze, errichtet. Sie ist das Werk Hussein Sindscharis, eines außenpolitischen Beraters Talabanis. Nachdem vor einem Jahr die irakische Armee die Kurdengebiete verlassen hatte, nahm Sindscharis die ehemaligen Gebäude des Istikhbarat, des militärischen Geheimdienstes, kurzerhand in Beschlag, um aus dem Ort der Furcht und Unterdrückung ein Sprachrohr des kurdischen Widerstandes zu machen. Statt Folter und Verhör findet hier jetzt täglich von 19 Uhr bis Sendeschluß ein Fernsehprogramm statt, das eine Mischung aus Nachrichten, Parteipropaganda, Musiksendungen und indischen Filmen darstellt.

Auch wenn Sindschari beteuert, daß der Sender nicht primär Parteizwecken dienlich sein soll, darf bei den Nachrichten, die außer in Kurdisch noch in Arabisch, Turkmenisch und Assyrisch ausgestrahlt werden, die grüne Flagge der PUK nicht fehlen. Ein Ziel der Wahlen bestand daher darin, das kurdische Fernsehen zu „verstaatlichen“ bzw. zu neutralisieren. Ob das so leicht gelungen ist, ist allerdings fraglich, denn gerade begann die KDP, neue Pläne für eine Verbesserung der eigenen Kapazitäten zu entwerfen.

Ebenso wie das Fernsehen ist auch das kurdische Pressewesen bislang fest in Parteienhand. Während die meisten Organe in kurdischer Sprache gedruckt werden, gibt es auch einige in Arabisch, da viele Kurden nicht in der Lage sind, ihre eigene Muttersprache zu lesen. Dies ist ein Ergebnis langjähriger Bildungspolitik im Irak, die die Förderung der kurdischen Sprache vernachlässigte. Hinzu kommt, daß im Nordirak zwei unterschiedliche kurdische Dialekte gesprochen werden und sich keine bisher als Hochsprache etablieren konnte, was eine Verständigung erschwert. Aber dennoch ist es den Zentralregierungen in Bagdad trotz langjähriger Unterdrückung nicht gelungen, die kurdische Kultur ganz zu vernichten. Die seit einem Jahr blühende Medienlandschaft ist der beste Beweis dafür. Unter den 42 Publikationen, die in Irakisch-Kurdistan im Umlauf sind, befindet sich auch noch die ganze Palette an Regierungszeitungen aus Bagdad.

Befürchtungen, daß ihre scharfe Propaganda gegen die kurdischen Autonomiebestrebungen die Moral der Bevölkerung senken könnte, wirft der außenpolitische Berater Sindschari in den Wind. „Das ist Demokratie“, sagt er und schlägt die erste Seite der Armeezeitung 'al-Qadissiya‘ auf.

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