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Jäger 90 bleibt am Boden kleben

Ein Nachruf auf das teuerste Rüstungsprojekt der deutschen Nachkriegsgeschichte/ Mehr als drei Milliarden Mark wurden für das geplante Kriegsgerät bereits verjubelt/ Rühe ist der Totengräber  ■ Von Andreas Zumach

Nachrufe haben in der Regel traurige Anlässe. Dieser ist eine Ausnahme. Nach der Koalitionsrunde zum Jäger 90 am Montag abend steht die Beerdigung des teuersten Rüstungsprojekts der deutschen Nachkriegsgeschichte so gut wie fest. Den politischen Lorbeer dafür, der unter Einheitskosten stöhnenden Bundesrepublik unsinnige Ausgaben in zweistelliger Milliardenhöhe erspart zu haben, wird Volker Rühe ernten. Mit dem Sargnagel für den Jäger 90 erklimmt er eine weitere Sprosse zur Kanzlerkandidatur der Union. Ein Treppenwitz der Zeitgeschichte. Waren es doch CDU und CSU, die am Jäger-Projekt über Jahre verbissen festhielten. Die CSU tut dies bis heute. Gegen alle frühzeitig von Friedensbewegung, Grünen und später auch der SPD vorgebrachten Bedenken und Kostenvoraussagen.

Die ersten Überlegungen, für ein neues Kampfflugzeug als Nachfolger für die noch bis Ende des Jahrhunderts einsatzfähigen Phantomjäger der Luftwaffe begannen bereits 1975/76. Nicht in den politisch verantwortlichen Gremien von Parlament und Regierung, sondern — wie das bei fast allen Waffenprojekten der Fall ist — zunächst in der Industrie (MBB) und dann im Luftwaffenstab auf der Hardthöhe. Schon Mitte 75 wurde das Projekt — damals noch unter dem Kürzel TKF für „Taktisches Kampfflugzeug“ — unter deutscher Beteiligung in der „Independent European Programme Group“ (IEPG) diskutiert. Die IEPG wurde gegründet, um die Rüstungsbeschaffungspolitik im EG-Rahmen zu koordinieren. Erst fünf Jahre später, im Januar 1980, betrat der TKF zum erstenmal die politische Bühne in Bonn: im Rahmen einer „Studie zur künftigen Bewaffnungskonzeption der Luftwaffe“, die die Hardthöhe dem Verteidigungsausschuß des Bundestages vorlegte. Gespräche über ein Fünf-Nationen-Projekt begannen 1982. Im Juni 83 beauftragten die Verteidigungsminister der BRD, Frankreichs, Großbritanniens, Italiens und Spaniens ihre Luftwaffen, die Anforderungen für ein neues Kampfflugzeug zu harmonisieren. Im Juni 1986 sagten die Franzosen ab. Dassault begann mit der Entwicklung eines eigenen Kampfflugzeuges. 1988 unterschrieben die vier anderen Staaten schließlich den Vertrag über die gemeinsame Entwicklung des „Europäischen Kampfflugzeugs“ (EFA) umgetauften Jägers und gründeten zu diesem Zweck Firmenkonsortien.

Der Kostenansatz der Hardthöhe für einen Jäger wurde im Laufe der Jahre mehr als verdoppelt. Von ursprünglich rund 60 Millionen Mark auf 135 Millionen. Als Kritiker auch unter Hinweis an entsprechende Kostenexplosionen beim „Tornado“ schon vor über fünf Jahren einen Stückpreis von 100 Millionen Mark voraussagten, wurden sie von der Hardthöhe und den Bonner Regierungsparteien für unseriös erklärt. Bis jetzt wurden in der Bundesrepublik in der Konzeptions- und Definitionsphase des Jäger 90 rund 600 Millionen Mark verbraten. Von den vom Bundestag bewilligten sieben Milliarden für die Entwicklung wurde bislang rund die Hälfte ausgegeben.

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