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Wahl zwischen Versagern und Korrupten?

Regierungsbildung in Italien: Skandale in allen Parteien/ Neueste „Enthüllung“: Sowjets sponserten Linksparteien  ■ Aus Rom Werner Raith

Zu beneiden ist er wahrlich nicht, der eben gewählte Staatspräsident Italiens, Oscar Luigi Scalfaro: Kaum vierzehn Tage im Amt, steht er schon vor der Entscheidung, just jenen Prinzipien abzuschwören, derentwegen seine Wahl allseits so sehr begrüßt wurde. Für eine „neue Moral“ in der Politik wolle er stehen, eine Selbstreinigung der Machtträger einleiten.

Doch Scalfaro muß nun ein Problem meistern, das er vorher offenbar auch nicht so recht bedacht hatte: Woher die Menschen nehmen, die weder korrupt sind noch verbraucht, die einerseits für strikte Beachtung der Konstitution bürgen und andererseits die immer drängenderen Probleme mit neuen Ideen angehen — vom kaputten Gesundheitswesen über die Pensionsregelung bis zum Kampf gegen die Mafia, Camorra und die alltägliche Korruption?

In den großen Parteien herrscht Chaos. Die Christdemokraten sind seit dem Rücktritt ihres Sekretärs Arnaldo Forlani führerlos. Die Sozialisten sind derzeit vom größten Korruptionsskandal der Nachkriegszeit geschüttelt, in den auch Familienmitglieder von PSI-Chef Bettino Craxi verwickelt sind. Und soeben tröpfeln furchterregende Enthüllungen in die Presse, wonach sowohl die KPI als auch die Sozialisten bis in jüngste Zeit kräftig durch die KPdSU gesponsert und Genossen durch das KGB sogar zu Terroristen ausgebildet worden seien.

Unter solchen Umständen wird in den Medien faktisch nur noch ein einziges Regierungsmodell ernsthaft diskutiert: ein Kabinett von „Fachleuten“, die an der Stelle klientelorientierter Machtpolitiker die Finanzen in Ordnung bringen, dem maroden öffentlichen Dienst auf die Sprünge helfen, den Eintritt ins Europa 2000 vorbereiten. Favorisiert für die Führung eines solchen Kabinetts wird, seltener Fall von Einigkeit, von Industrie, Mittelstand und Gewerkschaften der allseits geschätzte Notenbankpräsident Carlo Azeglio Ciampi.

Scalfaro schien einer solchen Lösung zugeneigt — vor seiner Wahl. Mittlerweile sind ihm Bedenken gekommen: „Ohne die Parteien“, so seine neuesten Erkenntnisse, „läuft in der Regierung nichts.“ Noch versucht er Diskretion zu wahren. Doch die zunächst konsultierten Chefs der kleineren Parteien meinen verstanden zu haben, daß er den Regierungsauftrag wohl einem der angestammten Parteihäuptlinge erteilen wird — mit gewisser Wahrscheinlichkeit dem PSI-Vorsitzenden Bettino Craxi. Die Sozialisten, für die der Rückgewinn von Prestige nun eine Überlebensfrage ist, haben ihm jedenfalls schon Daumenschrauben angesetzt: Wenn ihr Bettino nicht ans Ruder kommt, gehen sie in die Opposition. Dann bliebe nur eine große Koalition aus Christdemokraten und PDS unter Einschluß einiger kleinerer Formationen.

Und die „Fachleute“? Für sie, so versichern alle rundherum, von Craxi bis zu den Beratern des Staatspräsidenten, sei noch genügend Platz: Ciampi könne z.B. eine Art Superminister — Finanz-, Haushalts- und Wirtschaftsressort in einem — werden. Das wird er sich zweimal überlegen: Schließlich war einer seiner Vorgänger als Notenbankgouverneur, Guido Carli, schon bisher Haushaltsminister. Eingemauert in die ausgabefreudigen Kollegen der anderen Ressorts hat er seinen einst untadeligen Ruf als Wirtschafts- und Währungshüter so ruiniert, daß er diesmal nicht einmal mehr ins Parlament gewählt wurde.

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