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Volksparks künftig ohne Volksfeste?

■ Umweltverwaltung soll Rummelfestivitäten der Bezirke künftig verhindern/ BUND: Biologisches Gleichgewicht in öffentlichen Grünanlagen zu stark gestört/ Schausteller fürchten um Arbeitsplätze

Berlin. In öffentlichen Grünanlagen soll es künftig aus Naturschutzgründen keine Massenveranstaltungen mehr geben: Das zumindest fordert die Tempelhofer Bezirksgruppe des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) von der Senatsumweltverwaltung, bei der die Rechtsaufsicht über bezirkliche Naturschutz- und Grünflächenämter liegt. Aktueller Anlaß: der zu Pfingsten zum neunten Mal mit gut 200.000 Gästen im Volkspark Mariendorf veranstaltete »Internationale Kulturlustgarten« — laut dem BUND wie ähnliche Feste auf anderen bezirklichen Parkflächen eher ein bierseliger Rummel als eine kulturelle Lustbarkeit. Veranstaltungen derartigen Charkters, die vom Müll über den Lärm bis zur Luftverschmutzung durch den zusätzlichen Autoverkehr die vielfältigsten Umweltbelastungen brächten, benötigten gerade in Tempelhof nicht noch das »Ambiente einer öffentlichen Grün- und Erholungsanlage«, so die BUND-Bezirksgruppe in einer Erklärung.

Die Hunderttausenden, die traditionell zu Pfingsten zum Mariendorfer Volkspark pilgern, störten in der geschützten Anlage empfindlich das »biologische Gleichgewicht«, heißt es in der Erklärung. Der »Kulturlustgarten« könne ohne weiteres an einem anderen Ort im Bezirk stattfinden: Tempelhof habe genug versiegelte Flächen wie Parkplätze, begrünte Straßenzüge, eine Trabrennbahn und einen Flugplatz.

Nach den Worten von Baustadtrat Klaus-Ulrich Reipert (CDU) kam das Tempelhofer Bezirksamt indes zu der Feststellung, daß der dreitägige »Kulturlustgarten« unter dem Strich »keinen so gravierenden Eingriff in den Naturhaushalt« des Mariendorfer Volksparks mit sich bringt. Deshalb sei nicht daran gedacht, den Kultur-Rummel an eine andere Stelle zu verlagern.

Die Kreuzberger Bezirksoberen dagegen überlegen, wie sie die traditionellen »Kreuzberger Festlichen Tage« vom Stammplatz Viktoria- Park umsiedeln können. Da der Park unter Denkmalschutz stehe, gebe es aus Naturschutzsicht vor allem mit dem Rummel »erhebliche Probleme«, sagte der für die Grünflächen zuständige Referatsleiter in der Umweltverwaltung, Heinz Wiegand. Generell sollte man allerdings nicht vergessen, daß Volksparks, wie der Name schon sagt, für die Benutzung durch die Bevölkerung daseien. Wiegand: »Die Parks sind keine Naturschutzgebiete.« Möglicherweise werde die Umweltverwaltung deshalb gegenüber den Bezirken lediglich Empfehlungen zur künftigen Ausgestaltung ihrer Volksfeste aussprechen.

»Es geht hier um rund 1.500 Arbeitsplätze«, malte ungeachtet dessen der Vorsitzende des Berliner Schaustellerverbandes, Harry Wollenschläger, schon den Niedergang seines Gewerbes an die Wand, wenn es in den Volksparks keine Rummelplätze mehr gäbe. Ein brauchbares Gelände für einen zentralen Festplatz in der Stadt habe der Senat bis heute nicht anbieten können. thok

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