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"Slowly we rot"

■ betr.: "Standbild: Umwelt-Stakkato" ("ZDF Spezial" zur UN-Konferenz in Rio), taz vom 3.6.92

betr.: „Standbild: Umwelt-Stakkato“ („ZDF Spezial“ zur UN- Konferenz in Rio), taz vom 3.6.92

Wenn die Welt ein Scheißhaus ist, dann hat die Spezies Mensch darin nahezu ausgeschissen. Ob mit oder ohne Bidet und dreilagigem Hakle- Feucht.

Dies und nichts anderes ist Fakt und war Message des von Dir, lieber Manfred, so verrissenen „Umwelt- Stakkatos“. Dabei kam das „ZDF Spezial“ zur UN-Konferenz in Rio, in wenn auch üblich etwas oberflächlicher und die politischen Zusammenhänge tatsächlich nur zaghaft andeutender Form, durchaus halbwegs akzeptabel daher. Als mentale Vorbereitung zur Entwicklung von längst nicht hinreichend ausgeprägtem Problembewußtsein quasi (wiewohl es dafür reichlich spät ist). Denn wie anders als mit drastischen Bildern und daraus resultierender Betroffenheit willst Du mittels TV die sowohl selbstzufriedene als auch auf Apathie und Gehorsam eingeschworene Bevölkerungsmehrheit endlich aufrütteln? Ihnen über die visuell-unästhetische Schiene ins Bewußtsein ätzen, was Sache ist, und sie aus ihrer aufgezwungenen und lethargischen Zuschauerrolle reißen, um damit überhaupt erst eine Basis zu schaffen, die weitere Hinterfragung initiiert und deren Antworten verständlich und nachvollziehbar sein läßt sowie weiteres Handeln veranlaßt (die hier entsprechenden Versäumnisse in der Vergangenheit werden auch hier nicht mehr gutzumachen sein).

Mit einer intellektuellen Diskussionsrunde, die alle Details der gängigen menschenverachtenden politischen Ökonomie beleuchtet, ist niemand hinter der Satellitenschüssel hervorzulocken (eine Diskussion hätte sich im Anschluß allerdings als sehr zweckdienlich erwiesen).

Zu lange war (und ist) die gemeine Herde gehalten zu produzieren und zu konsumieren, der herrschenden Klasse zu dienen, dieser die „Verantwortlichkeiten“ zu überlassen und sich ansonsten jeglicher „subversiven“ Einmischung zu enthalten. Nicht zuletzt weil für solchen Opportunismus — in den reichen Industriestaaten — ein eigenes Stück Zierrasen, ein kompakter Zweitwagen und was dergleichen Scheinwerte mehr sind, winkt, ist der Packesel in dieser klassischen Untertanenrolle mittlerweile satt und ignorant aufgegangen (zumal widrigenfalls, also bei Wegfall der einzigen, von den Herrschenden als wertvoll erachteten menschlichen Funktionen, schärfste Repression droht). Unser Bundes-Helmut traf die mehrheitliche Gesinnung der doitschen Bevölkerung auf den Kopf, als er vom Wiedervereinigungstaumel einmal mehr blackgeoutet beziehungsweise bewußt wahrheitswidrig behauptete, daß es keinem schlechter gehen würde.

Um eben diesen Menschen klarzumachen, daß eine deutliche Absenkung des Lebensstandards unabdingbare Voraussetzung ist, um ein vorschnelles(?) evolutionäres Ende der Art Homo sapiens zumindest hinauszuzögern, sollte jedes adäquate Mittel legitim sein: von spektakulären Greenpeace-Aktionen über öffentlich-rechtliche Horrordokumentationen bis zu intellektuellen Diskussionen und Publikationen und und und.

Denn um den sofort, also unverzüglich notwendigen Umbau der auf Bedürfniswachstum ausgelegten Wirtschaft in eine mit letzter Konsequenz ökologische mit Vehemenz voranzutreiben, bedarf es einer entsprechenden Solidaritätsbewegung, die gesellschaftlich außerordentlich breit verankert ist und jeden bisherigen Maßstab weit übertrifft.

Daß ein solcher Umbau nicht den Konzernen, Firmen und dem mit dieser ökonomischen Macht eng verflochtenen politischen System überlassen werden kann, liegt auf der Hand. Wenn unter den herrschenden Machtverhältnissen gerade erst Gefälle, Ausgrenzung und apokalyptische Zerstörung des Ökosystems stattgefunden hat, ist eine „Selbstkontrolle“ der herrschenden Institutionen nicht zu erwarten und einer scheinheiligen Beteuerung in Richtung einer solchen keinesfalls zu trauen. Vielmehr werden die Reichen und Mächtigen weiterhin an ihren überkommenen Überzeugungen, an vereinfachten gesellschaftlichen und kulturellen Strukturen festhalten wollen, um damit die so „erfolgreiche“ Einteilung der Menschen in zwei Klassen aufrechtzuerhalten und Ausbeutung weiterhin betreiben zu können, womit ihnen liebgewonnene Privilegien und materielle Vorteile garantiert sind (siehe Rio).

Ergo: Slowly we rot! — Aber doch bitte lustvoll, mit Stil und Toleranz (auch gegenüber billigster Agitation, für die sich das doitsche Volk seit jeher sehr empfänglich zeigt, was sich wider Erwarten auch einmal als sehr fruchtbar erweisen könnte). Jürgen Klaus,

Siechkobel zu Nürnberg

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