: Humangeräuscherzeugerinnen
■ ZAP Mama aus Brüssel erstmalig in Berlin
Durch eine Rückkehr zu den musikalischen Ursprüngen einiger der ignoriertesten Völker der modernen Welt habe ich die Größe und Kraft der menschlichen Möglichkeiten im musikalischen Ausdruck erkannt, besonders die der Stimme.« Sprach's und gründete vor etwa zwei Jahren ein fünfköpfiges, weibliches Gesangsmonster, das international seinesgleichen sucht. Marie Daulne ist die Schöpferin, Komponistin und Chefin von ZAP Mama, jener A-capella-Formation aus Brüssel, die im Moment die Festivalprogramme stürmt. Bis vor wenigen Monaten dürften die meisten Veranstalter noch angenommen haben, es handele sich dabei um einen neuen, von Müttern empfohlenen Reißverschluß. Doch das gehört nun, nachdem endlich auch eine CD vorliegt, endgültig der Vergangenheit an.
Fünf vitale junge Sängerinnen, derer vier zairische Belgierinnen (oder müßte ich sagen: belgische Zairinnen?) sind, füllen nicht nur den Namen mit Leben, sondern mit ihren Stimmen auch jeden Winkel eines Raums — auch wenn er nicht gerade klein ist. Bevor Marie Daulne ihre Band gründete, ist sie einmal quer durch ihre Heimat Afrika gereist, hat bei ihren Tanten und Großmüttern traditionelle Lieder und Tänze abgestaubt, hat gelesen, gefunden, gesammelt, geforscht und geübt und anschließend alles in einen Topf geworfen.
Darin befinden sich nun syrische Lieder und belgische Comic-Stories, Pygmäengesänge und spanische Rhythmen, Erzählungen aus Ruanda und zairische Volksmusik, arabische Melodien und Anti-Apartheid- Texte, Reggae, Rap, Soul, Pop, Gospel und und und... Die fünf Humangeräuscherzeugerinnen würfeln die Ingredienzen wild, aber keinesfalls beliebig durcheinander. Afrika und Europa waren selten so phantasievoll vereint.
Doch Vorsicht: Geschniegelt-eingängiger Ethno-Pop ist nicht daraus geworden, Zap Mama reiten auf keiner kurzlebigen Welle. Äußerst genuß- und humorvoll spielen die fünf Sängerinnen mit ihren Stimmbändern, ihre unterschiedlichen Timbres liegen dabei stets in mehreren Schichten übereinander, schnarrend und schrill, rauh und rhythmisch, körpernah und kehlig. Anna-Bianca Krause
Die Auftritte von ZAP Mama am 13., 14. und 15. Juni, jeweils um 21 Uhr, sind bloß der anspruchsvoll- unterhaltsame Auftakt des diesjährigen Trans-Europe-Festivals, das wie immer in den Räumen der UFA-Fabrik stattfinden wird. Im fünften Jahr der grenzüberschreitenden Veranstaltungsreihe geht es vor allem um KünstlerInnen aus Belgien. Unter dem Motto »Brüsseler Spitzen« sind außer ZAP Mama unter anderen zu erwarten: der sprachlos agierende Bühnenderwisch Jean Pico, die Querbeet- Musik-Komiker Corvi und das Tanztheater Les Tubes.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen