Der Badezuber ist voll

■ In Freiburg findet Europas größte Öko-Messe statt — „Baustein für eine ökologischere Zukunft“

Freiburg (taz) — Der grüne Ruf der „Öko-Hauptstadt“ Freiburg wird vom 18. bis 22. Juni noch um ein paar Schattierungen grüner. Gestern öffneten die Tore Europas größter Öko-Messe für EndverbraucherInnen. Eine willkommene Gelegenheit, das durch die extrem hohen Ozonwerte im Sommer angekratzte Öko-Image wieder aufzupolieren. Die „grüne Revolution“ hat inzwischen auch den letzten Lebensbereich erfaßt. Wer das bisher noch nicht geglaubt hat, der wird davon spätestens nach einem Besuch der Messe überzeugt sein. Was von außen aussieht wie eine kunterbunte Zeltstadt, erweist sich auch von innen als ein buntes Gewirr von Ständen vieler Branchen. Da steht der Imbißstand „Bio-Biss“ einträchtig neben dem „Knöpfle- Koch“, der Weinstand „Sonnenbrunnen“ versucht ebenso wie der Wollstand „Ökowoll“ die Aufmerksamkeit der KundInnen auf sich zu ziehen. Und wer bei dem reichhaltigen Angebot, das die Messe bietet, befürchtet, daß sein seelisches Gleichgewicht aus den Fugen gerät, dem ist vorgebeugt. Auch das erzbischöfliche Seelsorgeamt hat seine Hirten ausgeschickt, damit über die Ökologie die Seele nicht vergessen wird.

Auch technische Neuerungen, vor allem auf dem Gebiet der Solarenergie, sind auf dem Messegelände zu bewundern. So ist es dank eines neuartigen Gerätes zum ersten Mal möglich, aus Solarzellen gewonnene Energie direkt ins Netz einzuspeisen. Bessere Filteranlagen für Wasser werden vorgestellt, ebenso wie unzählige Alltagsgegenstände, die es inzwischen aus natürlichen Materialien gibt.

Wären die Preise teilweise nicht so hoch, man könnte direkt in einen ökologischen Konsumrausch verfallen. Da gibt es Holzspielzeug, Holzschalen, Holzkämme, ätherische Öle und Textilien, die aus 50 Jahre alten Stoffen gefertigt wurden, massenweise Informationsbroschüren über die ökologische Gestaltung jedes Lebensbereiches; und natürlich — spätestens seit Tschernobyl ein Muß für jeden ökologisch bewußten Menschen — Geigerzähler.

Selbst die letzte Bastion, die bisher allen Versuchen, sie zu ökologisieren, widerstanden hat, ist endlich auch von der Ökologiewelle erfaßt worden: Es geht um die gute alte Keramikbadewanne. Die ist seit Freiburg nämlich „out“. „In“ ist dagegen der Badezuber aus Holz. Wie dem auch sei. Meine Keramikbadewanne lasse ich mir auch trotz des zugegebenermaßen schöner aussehenden Badezubers nicht nehmen. Ob andere aufgrund der Messe anfangen, ihre Lebensweise umzustellen, ist ebenfalls ungewiß. Aber die Messe ist immerhin „ein Baustein auf dem Weg in eine ökologischere Zukunft“, wie es Eberhard Schulz, Geschäftsführer der Landeszentrale des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und Mitveranstalter, ausdrückt. Marion Rizzetti