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Sodom

Auf einem alten Schloß lebte ein Prinz, ein schrecklicher Trinker. Die Frau dieses Prinzen trank im Gegenteil nicht einmal Tee, nur Wasser und Milch. Ihr Mann trank Wodka und Wein, Milch dagegen nie. Auch seine Frau trank, ehrlich gesagt, Wodka, aber heimlich. Ihr Mann aber war schamlos und tat es nicht heimlich. „Ich trinke keine Milch, sondern Wodka!“ — sagte er immer. Seine Frau dagegen zog still und leise das Fläschchen unter der Schürze hervor und schlupp, nun ja, sie trank eben. Ihr Mann, der Prinz, sagt: „Mir könntest du auch einen geben.“ Doch seine Frau, die Prinzessin, sagt: „Nein, ich habe selber so wenig. Hiuu!“ — „Ach, du“, sagt der Prinz, „Geizkragen!“ Und mit diesen Worten zack! Und die Frau auf den Fußboden! Die Frau hat sich die ganze Visage aufgeschlagen, liegt am Boden und weint. Der Prinz aber hüllte sich in seinen Umhang und stieg auf seinen Turm, dort oben standen seine Käfige. Er züchtete dort oben Hühner, wissen Sie. Kommt also der Prinz auf seinen Turm, und dort gackern die Hühner, wollen was zu fressen. Eine Henne fing sogar an zu wiehern. „He, du“, sagt der Prinz zu ihr, „Rabenaas! Sei still, sonst kriegst du eine in die Fresse!“ Die Henne versteht ihn nicht und wiehert weiter. Am Ende also wiehert auf dem Turm eine Henne, der Prinz flucht gräßlich, seine Frau liegt unten auf dem Fußboden — mit einem Wort, ein wahres Sodom. Daniil Charms

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