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OAU will Eingreiftruppe für Afrika

Vorschlag des Außenministertreffens der Organisation für afrikanische Einheit/ „Regionalisierung der Friedensmissionen“/ Das Beispiel Liberia/ Gipfelkonferenz tagt ab Montag in Dakar  ■ Aus Dakar Dominic Johnson

„Die Welt ist nicht mehr besonders daran interessiert, sich in Konflikte auf dem gesamten Planeten zu verwickeln.“ Mit dieser resignativen Feststellung hat Salim Ahmed Salim, Generalsekretär der Organisation für afrikanische Einheit (OAU), seinen Vorschlag für den nächsten Montag beginnenden OAU-Staatengipfel in Dakar begründet, eine multinationale Friedenstruppe aufzubauen.

Die Entsendung von 40 UNO-Beobachtern ins kriegsverwüstete Somalia, klagt er, war schwieriger als die Aufstellung von 20.000 Blauhelmen für Jugoslawien — unter ihnen Soldaten aus Kenia und Nigeria. „Das Leben eines Somaliers oder Liberianers“, meint Salim, „muß genauso geachtet werden wie das eines Jugoslawen.“ Senegals Premierminister Habib Thiam, der als Vertreter des Gastgeberlandes am Montag das OAU-Außenministertreffen eröffnete, zieht die Konsequenz: „In einer Welt, die sich zunehmend regionalisiert“, müsse Afrika „seine Interessen selbst wahrnehmen“.

Krieg in Somalia, Sudan und Mosambik, schwelende Konflikte in Äthiopien, Tschad und Ruanda, schwierige Versöhnungsprozesse in Liberia und Angola — die OAU-Außenminister, die derzeit in Dakar tagen und den Staatengipfel der nächsten Woche vorbereiten, haben genug Gründe, schnelle Beschlüsse zu fassen. Jedes OAU-Mitglied, so der vorliegende Vorschlag, soll Armee- Einheiten bereitstellen, welche zusätzlich zu ihren normalen Funktionen in der „Kunst der Friedenssicherung“ ausgebildet und auf OAU- Beschluß als multinationale Eingreiftruppe zu Friedensmissionen entsandt werden. Daneben sollen bestehende OAU-Instanzen reaktiviert werden, um politische Vermittlungs- und Versöhnungsprozesse zu organisieren.

Der Vorschlag liegt im Trend der Zeit. UNO-Generalsekretär Butros Ghali forderte vor einer Woche in seinem neuen Bericht über „Präventive Diplomatie“ eigene Friedenstruppen für den Weltsicherheitsrat, die jederzeit eingesetzt werden können. Die WEU-Mitglieder beschlossen Ende letzter Woche, „im Hinblick auf Militärmissionen unter Autorität der WEU“ der Organisation militärische Einheiten zur Verfügung zu stellen. Zu Recht spricht Senegals Premierminister von einer „Regionalisierung von Friedensmissionen“, der Afrika sich nicht entziehen könne.

Senegal hat da seine Erfahrungen. Es ist an der Friedensmission beteiligt, die der OAU als Modell dienen könnte: Die „ECOMOG“-Truppe der westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS), die seit August 1990 in Liberia stationiert ist. Zum Höhepunkt des dortigen Bürgerkrieges in die Hauptstadt Monrovia entsandt und zeitweilig bis zu 9.000 Mann stark, sind an der Streitmacht hauptsächlich Nigeria und außerdem Gambia, Ghana, Guinea und Sierra Leone beteiligt. Ihre Anwesenheit trug binnen weniger Monate zu einem relativen Frieden in Liberia bei.

Doch zeigt dieses Beispiel auch die Grenzen von Friedensmissionen: Am 30. April dieses Jahres erhielt die ECOMOG das Mandat, ihr Operationsgebiet auf ganz Liberia auszudehnen, um die im Landesinneren herrschende NPFL-Guerilla zu entwaffnen und die Rückkehr von über 400.000 liberianischen Flüchtlingen aus den Nachbarländern vorzubereiten. Nachdem NPFL-Freischärler am 28. Mai sechs senegalesische Soldaten töteten, zog Senegal sein Kontingent nach Monrovia zurück. Eine ECOWAS-Sondersitzung in Dakar vergangene Woche endete mit der Drohung, „im Falle einer erneuten Blockade“ der ECOMOG-Aktivitäten ein Wirtschaftsembargo gegen Liberia zu verhängen.

Solche scharfen Töne, unüblich für die afrikanische Diplomatie, werden die Stimmen derjenigen stärken, für die eine Ausweitung des OAU-Mandats auf innerstaatliche Konflikte unwägbare Risiken birgt. Wer entscheidet, wann ein interner Konflikt intern gelöst werden kann, wann externe Vermittlung erforderlich ist und wann militärisches Eingreifen als einzige Lösung bleibt? Diese Zentralfrage der staatlichen Souveränität dürfte im Mittelpunkt der Beratungen der afrikanischen Außenminister stehen, die gestern noch andauerten.

Dazu kommen praktische Probleme. Wer würde denn guten Gewissens seine Soldaten auf die somalischen Schlachtfelder schicken? Typisch der Satz des Außenministers der Elfenbeinküste gegenüber der taz: „Unsere Armee ist für solche Operationen ungeeignet.“

Gegen den Willen der betroffenen Regierung, soviel ist unumstritten, kann in Krisen nicht eingegriffen werden. Und wenn es keine richtige Regierung gibt? Somalia beispielsweise ist in Dakar gleich zweimal vertreten: einmal von Vertretern der Interimsregierung von Ali Mahdi, die in Somalia selbst weitgehend machtlos ist, aber im OAU-Konferenzsaal sitzen darf, und einmal von Anhängern des rebellierenden Generals Aidid, die im Lande die militärische Oberhand haben, hier aber auf den Flur verbannt sind. „Die OAU hat nichts getan“, schimpft einer von ihnen. „Sie hat die Lage verschlimmert, indem sie einer einzigen Gruppierung, die zwei Quadratkilometer von Mogadischu beherrscht, die Vertretung der Somalier überläßt.“ Eine militärische Friedensmission der OAU wäre für ihn „ein großer Fehler“.

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