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Die Baptisten siegen...

■ ...nach 28 Jahren im ostfriesischen Schilderstreit

28 Jahre und vier Monate nach dem ersten vergeblichen Versuch der Baptistengemeinde zu Remels in Ostfriesland, am Straßenrand ein kleines Schild mit Kirchensymbol und Gottesdienstzeiten aufzustellen, hatten irdische Richter ein Einsehen: Der 12. Senat des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg schaffte nach zähem, stundenlangen Ringen am Donnerstag einen Vergleich zwischen den 300 evangelischen Freikirchlern und dem unversöhnlichen Straßenbauamt Aurich.

1987 hatten die Baptisten mit dem Segen von Polizei und politischer Gemeinde wegen des „regen Gemeindelebens“ in ihrer Kirche beim Landkreis Leer einen erneuten Schildervorstoß unternommen — und waren abermals abgewiesen worden. Die Kreisbeamten glaubten, daß der Bundesverkehrsminister in seinem 1960 verfügten Erlaß nur den „großen“ Kirchen, sprich den Lutheranern und den Katholiken, einen Schilderanspruch zubilligen wollte. Danach kamen zahlreiche gutbezahlte Beamte im ostfriesischen Schilderstreit zum Zuge: Die Bezirksregierung in Oldenburg verstieg sich im Widerspruchsverfahren gar zu der Behauptung, die kleinen Schilder seien gar keine Verkehrsschilder, sondern private Werbeschilder, mithin sein der Fall privatrechtlich zu klären.

Das Verwaltungsgericht widersprach, das Oberverwaltungsgericht übernahm den Fall und behielt ihn nunmehr wiederum drei Jahre lang. Und am Donnerstag fragte sich der 12. Senat verzweifelt: „Warum nur muß hier ein so großer juristischer Auswand betrieben werden?“ Das Straßenbauamt ließ anklingen, daß es Angst vor Präzedenzfällen habe und vielleicht bald jede Sekte den Straßenrand mit Hinweisschildern zu zieren gedenke. Das Gericht zerstreute derartige Sorgen mit dem Hinweis auf die „Sondersituation in Remels“ mit nur zwei Kirchengemeinden. Der Fall sei nicht ohne weiteres auf andere Orte übertragbar. dpa

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