piwik no script img

Wohlstand wird mit Überfressen verwechselt

■ betr.: "Mixed Pickles ohne Zukunft" von Ulrich Hausmann, taz vom 20.6.92

betr.: „Mixed Pickles ohne Zukunft“ von Ulrich Hausmann,

taz vom 20.6.92

Armer Ulrich Hausmann, hat Ihnen denn noch niemand gesagt, daß wir Deutschen Teil eines großangelegten Feldversuches der UNO sind? Am Modell Deutschland sollen die Folgen einer geplanten Vereinigung der ersten mit der dritten Welt erkundet werden.

Zugegeben, die bei uns auftretenden Probleme sind klein im Vergleich zu denen, die bei der Übertragung auf den globalen Maßstab entstehen werden, aber gewisse Gesetzmäßigkeiten lassen sich daran auf jeden Fall ableiten. Erstens wurde erkannt, daß die Forderung nach einem Mehr an Verteilungsgerechtigkeit von dem Teil der Unterprivilegierten, der dieser am nächsten ist, am lautesten vorgebracht wird (der verhungernde Afrikaner wird also kaum Schwierigkeiten machen). Zweitens, die, die bisher am meisten gewonnen haben, reden nun von „Besitzstandswahrung“ und meinen eigentlich eine Fortsetzung der Verteilungsungerechtigkeit.

Eine Unwägbarkeit bleibt jedoch bei der vorgesehenen Maßstabsvergrößerung der deutschen Vereinigung. Diese möchte ich Ihnen am Beispiel der Banane verdeutlichen. Indem der Westen dem Osten die Banane zur Hälfte (+/-) schenkt, hat er jedoch nicht die ganze Leistung aufbringen müssen. Ein guter Teil wurde vom unterbezahlten Bananenproduzenten erbracht. In unserem Fall handelt es sich also nicht um ein geschlossenes System. Wer aber sollte dieser unserer Welt die globale Banane schenken?

Bei den von Ihnen aufgezählten Interessenverbänden, die zur Ausbeutung unserer Gesellschaft beitragen, haben Sie einen wichtigen vergessen, nämlich „Laß von dieser Welt auch noch was für die anderen übrig e.V./Sektion Deutschland“.

Mir jedenfalls hängt dieses weinerliche Gebrabbel in Ost wie West nach zustehendem Wohlstand zum Halse raus, denn hier wird Wohlstand mit Überfressen verwechselt, und dazu hat in dieser Welt augenblicklich keiner ein Recht. Martin Lucas, Ost-Berlin

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen