Hansawelle verliert Hörer

■ Betr.: taz vom 6.6.1992

Zu einer Zeit als es die taz leider noch nicht gab, im Jahre 1980 nämlich, erstellte das Münchener Marktforschungsinstitut „Infratest“ ein „Gutachten zur Situation der Radioprogramme von Radio Bremen“. In dieses Gutachten schrieben seinerzeit die Marktforscher rezeptgleich viele Dinge hinein, die die Anstalt in einer sich wandelnden Rundfunklandschaft wohl beachten müsse.

Nur damals war die Hansawelle nach dem NDR 2 das zweit häufigst gehörte Programm, lag mit seiner Hörerreichweite bei 3,3 Millionen und schöpfte mit seinem morgendlichen Werbefunk knapp 40% des gesamten Hörerpotentials im Sendebereich Bremen / Niedersachsen aus.

Wenn sich auch in dieser Zeit so manches rund um den kleinsten ARD-Sender „im Radioland“ getan hat, so sind die neuerlichen, offenbar dramatischen Einbrüchen bei der Hörerzahl doch maßgebend vom Sender selbst inzeniert.

Nachdem man zwei weitere Frequenzen unbedingt belegen mußte, im Staatsvertrag war es so gewollt, demontierte man unverdrossen und völlig grundlos auch noch das Flagschiff, die Hansawelle. Zur allerbesten Einschaltzeit, also morgens zwischen 6 und 9 Uhr, konnten dort fortan auch ausgewiesene Morgenmuffel die Frequenz beglücken, zuweilen das Mikrophon mit einem Megaphon verwechselnd. Hörer nehmen so etwas übel.

Ingesamt also erscheint es dringend geboten, die Akzeptanz der von Radio Bremen ausgestrahlten Programme aus Sicht der Hörer zu untersuchen und daraus die notwendigen Konsequenzen zu ziehen, inhaltlich wie personell. Die Möglichkeit, daß Radio Bremen ähnliches wiederfährt wie der Landesbank, zeichnet sich ab. Haiko Camphausen