: Der Olympiahalle fehlt ein finanzielles Fundament
■ Investoren wollen Risiko nicht alleine tragen/ Land Berlin soll sich an Kosten von über einer Milliarde Mark beteiligen
Berlin. Seit Tagen wird bereits das Stadion der Weltjugend abgetragen, doch noch ist unklar, was dereinst an seiner Stelle stehen wird. Geplant ist der Bau einer Olympiahalle für 15.000 Zuschauer. Gestern wollte der Senat entscheiden, welchem von drei Entwürfen der Vorauswahl er den Zuschlag erteilt. Doch das Verfahren ist geplatzt. Keiner der Anbieter ist bereit, alleine das auf 1,1 bis 1,6 Milliarden Mark geschätzte Investitionsvolumen zu übernehmen. Um das Projekt zu retten, soll nun das Land Berlin, entgegen seinen ursprünglichen Absichten, sich am Bau beteiligen und zudem die entsprechenden Grundstücke verkaufen. Bis zum Herbst sollen mit den beiden verbliebenen Anbietergemeinschaften, der Stanhope Properties (England) und Itag (Berlin) einerseits sowie der DG- und PAN Immobilien (Frankfurt) und SIAB (Schweden) andererseits, Optionsverhandlungen geführt werden. Zuvor muß jedoch der Senat am kommenden Dienstag sein Einverständnis zu diesem veränderten Vorgehen geben. Mit dem Bau des Olympiakomplexes auf dem Gelände des Stadions der Weltjugend sollte ursprünglich Anfang des Jahres begonnen werden. Neben der Olympiahalle sollen Gewerberäume mit einer Bruttogeschoßfläche von 180.000 Quadratmetern entstehen. Während die Gewerbeflächen hohe Erträge versprechen, ist die Hallennutzung mit einem wirtschaftlichen Risiko behaftet. Das Areal, das sich im Besitz des Landes Berlin und des Bundes befindet, soll, so die Wettbewerbsvorgabe, an den zukünftigen Nutzer im Wege des Erbbaurechtes vergeben werden. Wie Bausenator Wolfgang Nagel gestern erklärte, habe »die detaillierte Betrachtung der Kosten und des Ertragspotentials von Hallen und Dienstleistungskomplex gezeigt, daß eine volle Deckung der Herstellungskosten der Halle aus den Erträgen des Dienstleistungskomplexes nicht gewährleistet werden kann, wenn die politischen Vorgaben des Erbbaurechtes und der wirtschaftlichen Einheit zwischen Hallen- und Dienstleistungskomplex aufrechterhalten werden sollen«. Die Investoren hatten wegen dieser »politischen Vorgaben« vom Land Subventionen in einer Größenordnung von 125 bis 500 Millionen Mark gefordert. Damit war für Nagel klar, daß »die fixe Formulierung, wir machen das mal privat« keinen Bestand hat.
Es sei nun für den Senat geboten, »eigenes wirtschaftliches Engagement im Rahmen eines public private partnership« ins Auge zu fassen. Da die Investoren die nötigen Geldmittel nur aufbringen können, wenn sie den Banken die Grundstücke als Sicherheit bieten, wird der Senat am Dienstag darüber entscheiden, ob er die Flächen, auf denen die Gewerbebauten entstehen, an die privaten Anleger veräußert. Den dabei erzielten Verkaufserlös soll, nach dem Willen der Investoren, das Land Berlin wiederum in eine gemeinsame öffentlich-private Mischgesellschaft einbringen, die den Bau der Halle finanziert und durchführt. Die genauen Modalitäten werden mit den beiden verbliebenen Anbietern jeweils ausgehandelt. Zu den dabei für das Land Berlin anfallenden Kosten und Risiken konnte Nagel keine Angaben machen. Er zeigte sich gestern »überhaupt nicht enttäuscht«, daß das Investorenauswahlverfahren nicht in den vorgesehenen Bahnen verlaufen ist. Man habe »Neuland betreten«, und »dabei sammelt man Erfahrungen«. Dieter Rulff
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