: Soldaten nach Lettland geschmuggelt
■ Russische Militärs schicken trotz des Abkommens über einen Truppenabzug neues Personal in den Baltenstaat
Berlin (taz) — Obgleich Rußland am 1.Februar dieses Jahres den Abzug der ehemaligen Sowjettruppen aus Lettland zugesagt hat, werden ohne Wissen und Zustimmung der lettischen Regierung weiterhin russische Soldaten in die Baltenrepublik gebracht. Dies geht aus den Aussagen von vier Rekruten hervor, die vor mehr als zwei Wochen ihre Ausbildungseinheit Nr. 21618 in der nordlettischen Stadt Aluksne verlassen und sich den lettischen Behörden gestellt hatten.
Wie sie in Riga berichteten, waren sie im sibirischen Tjumen eingezogen worden. Dort habe man Rekruten dafür geworben, ihren Wehrdienst „im Ausland, im Baltikum“ abzuleisten. Ihnen sei dafür ein überdurchschnittlicher Sold in Höhe von 1.500 Rubel versprochen worden, ferner finanzielle Leistungen an die Eltern und eine größere Geldsumme nach Beendigung des Wehrdienstes. Zusammen mit weiteren 14 Wehrpflichtigen aus Tjumen sowie einer größeren Gruppe von Rekruten aus Pskow seien sie am 7. Juni heimlich zum Standort Aluksne geschmuggelt worden. Vor Ort sei dann von den zuvor gemachten Versprechungen jedoch keine Rede mehr gewesen.
Inspiriert von der Fernsehberichterstattung über die Pressekonferenz haben sich auch vier Marinesoldaten aus dem Stützpunkt Liepaja abgesetzt. Als Grund dafür gaben sie an, man habe ihnen seinerzeit zugesagt, in St. Petersburg dienen zu können. Statt dessen habe man sie über Baltijska (Bezirk Königsberg) heimlich per Schiff nach Liepaja gebracht. Auch in Deutschland abgezogene Einheiten der ehemaligen Sowjetarmee sind vertragswidrig über Königsberg nach Lettland verlegt worden. Auf diese Art ist unlängst ein etwa 1.000 Mann starker Truppenteil in die Baltenrepublik geschmuggelt und auf verschiedene Garnisonen verteilt worden.
Laut offiziellen russische Zahlen, die in einer estnischen Zeitung veröffentlicht wurden, waren zu Beginn des Jahres insgesamt 128.000 Mann der ehemaligen Sowjetarmee im Baltikum stationiert. Aus Lettland sind davon bislang ganze 49 Mann abgezogen worden. rob
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