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Sozialressort im Sparkorsett

■ Alte, Behinderte und Zahnvorsorge im Visier der Sozialsenatorin

Wenn es nach den Bremer Sparkommissaren geht, dann stehen all den BremerInnen schlechte Zeiten bevor, die die Dienste der Gesundheits- und Sozialsenatorin angewiesen sind. In der Kürzungsdiskussion sind das Landepflegegeld für Schwerbehinderte, der Behindertenfahrdienst, die Zahnvorsorge für Kinder und manch anderer Service des Hauptgesundheitsamtes.

„Noch ist nichts entschieden“, meinte gestern Heino Heinken, Abteilungsleiter bei Sozialsenatorin Gaertner, auf Nachfrage. Der Senat habe den Ressorts Prüfaufträge vergeben, die bis September abgearbeitet werden müßten. Das Ziel der internen Prüfungen ist jedoch durch den Senat vorgegeben. Heinken: „Wir stehen unter enormem Druck. Von drei freiwerdenden Stellen sollen künftig zwei nicht wieder besetzt werden. Wo soll die Sparquote denn herkommen?“

Beispielsweise durch die Kürzung des Landespflegegeldes für schwerst Pflegebedürftige. Von den 18,6 Millionen Mark, die Bremen pro Jahr einkommensunabhängig auszahlt, sollen nach ersten Schätzungen drei Millionen eingespart werden. Klar scheint, daß die Zahlungen nun einkommensabhängig geleistet werden sollen. Kritiker dieses Sparvorschlags halten dagegen, daß der Verwaltungsaufwand höher als die Einsparung sei. Das hat die Behörde noch nicht gegengerechnet. Heinken: „Da sind wir noch in der Klärungsphase.“

Etwa ein bis eineinhalb Millionen Mark soll beim Behindertenfahrdienst eingespart werden. Viel zu teuer, stöhnt die Behörde schon seit langem. Und genauso lange wehren sich die Behindertenverbände und die Taxifahrer. Entsprechend ahnungsvoll meint

Sparadresse SchwerstpflegeFoto: Tristan Vankann

der Behördenvertreter: „Das ist sehr schwer umsetzbar.“ Norbert Breeger, für den DPWV im Bremer fahrdienstforum, geht davon aus, daß erst dann Einschränkungen im Fahrdienst vorgenommen werden, wenn das gesamte Stadtgebiet mit behindertengerechten Bussen und Bahnen erreichbar ist. „Sonst wird es da massive Widerstände geben.“

Im Hauptgesundheitsamt wird zur Zeit überprüft, welche Ange

bote von Kassenärzten übernommen werden könnten. Zum Beispiel soll der schulärztliche Dienst von derzeit 27 auf 15 Stellen zu kappen. Damit wären die Früherkennungsuntersuchungen in den Grundschulen gefährdet. Zwar bietet damit das HGA einen Service, den auch Kassenärzte leisten, aber gerade Kinder von sozial schwachen Familien kommen eher selten in den Genuß solcher Untersuchungen. Der bre

mer Dienst gilt überregional als vorbildlich, genauso wie die Zahnprophylaxe, die von den Sparvorschlägen genauso wenig verschont bleibt. Bremen war die erste deutsche Großstadt, die diese Vorsorge von Zähneputzen- Lernen bis zur Ernährungsberatung angeboten hat. Heino Heinken: „Das HGA wird nach Einsparmöglichkeiten durchforstet. Da ist den Leuten die Prophylaxe eingefallen.“ J.G.

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