KOMMENTAR: Demokratie hat ihren Preis
■ Beim Sparen kommt es vor allem auf das Wie an
Wer würde widersprechen, daß Berlins Verwaltung eine Fastenkur gut anstände? Leidvolle Erfahrungen mit einer Bürokratie, die als geheimes Ordnungs- und Herrschaftsprinzip möglichst undurchschaubar organisiert scheint, die jeden Menschen zum unwissenden Bittsteller degradiert, fördern nicht gerade Sympathie gegenüber öffentlichen Verwaltungen. Sie gelten als Versorgungsstellen gutversorgter und unterbeschäftigter Angestellter, die das Volk bezahlt. Schlanker und billiger kann deswegen nur gut sein, vor allem angesichts leerer Kassen.
Doch was populär ist, braucht noch nicht gut zu sein. Was als Zwang zum Sparen daherkommt, kann auch eine Flurbereinigung ganz besonderer Art sein. Wenn im Gewande des Sparens der Senat die Selbstverwaltung der Bezirke untergräbt, Kompetenzen aus Kostengründen an sich zieht und zentralisiert, dann spielen auch die politischen Kosten eine Rolle. Wird die Bürgerbeteiligung bei der Bauplanung ausgehebelt, können Straßenbauplanungen im Bezirk nicht mehr stattfinden oder bleiben Verstöße gegen Mietwucher künftig ungeahndet, weil den Bezirken die Leute fehlen, dann wird das Sparen für den Bürger ein teurer Spaß. Läßt man nur die reinen Zahlen gelten, ist dem kaum etwas entgegenzusetzen: dezentrale, möglichst bürgernahe Verwaltungen in den Bezirken sind zwangsläufig teurer als eine zentrale Administration. Sparen ist eben kein wertneutraler Vorgang und der Haushalt vor allem materialisierte politische Programmatik. Entscheidend ist deshalb nicht das billigste Gesamtpaket, sondern die Frage, was bekomme ich für mein Geld. Demokratie hat ihren Preis. Wer sie sich leisten will, muß auch zahlen. Gerd Nowakowski
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