: Pleitegeier schwebt über Immobilienmarkt
■ Crash bei Immobilienfirma Grünbaum und Partner/ Weitere Pleiten erwartet
Berlin. Über Monate war Berlin ein Eldorado für Grundstückshändler und Spekulanten. Doch nun kehrt sich der Trend um. Die Branche verzeichnet die erste große Pleite, und weitere werden wahrscheinlich folgen. Die Berliner Immobiliengruppe Grünbaum/Gelermann mußte Vergleich anmelden, weil sie einen Schuldenberg von 1,5 Milliarden DM vor sich herschob, den sie nicht mehr bewältigen konnte. Der Kreis der Gläubiger umfaßt 30 Kreditinstitute, darunter die Berliner- und die Westfalenbank. Diese haben sich leichtsinnig auf die risikoreichen Geschäfte der Immobilienhändler eingelassen. Grünbaum/Gelermann kauften in Berlin und in Westdeutschland Häuser in guter Innenstadtlage auf, um sie zu modernisieren und mit kräftiger Rendite weiterzuveräußern. Zu den Objekten gehörte auch das CC-Hotel am Ku'damm 160. Die Makler arbeiteten mit einem Minimum an Eigenkapitaleinsatz. Sie finanzierten die Objekte über Kredite. Die Banken waren so großzügig, ihnen nicht nur den Kaufpreis, sondern auch den weit höher liegenden Zukunftswert der Immobilien zu kreditieren. Selbst Nebenkosten wurden zum Teil übernommen. Üblich ist bei Grundstücksgeschäften eine Eigenbeteiligung von mindestens 20 Prozent.
Grünbaum/Gelermann ging die Luft aus, als sich die erhofften Werte nicht realisieren ließen und die Banken mißtrauisch wurden und Sicherheiten sehen wollten. Doch da war es bereits zu spät. Die Westfalenbank hat, nach Informationen der Wirtschaftswoche, bei den Geschäften die gesetzliche Grenze für Großkredite überschritten, die bei der Hälfte des Eigenkapitals der Bank liegt. Ihr Vorstandssprecher Pöhlmann mußte seinen Stuhl räumen. Die Berliner Bank versicherte gestern, daß das Volumen ihrer Kredite »unter 15 Prozent der bisher in der Presse behaupteten Gesamtverschuldung« betrage. Ein Ausfallrisiko sei »nur in sehr begrenztem Umfang« zu erkennen. Kenner gehen hingegen davon aus, daß bei einem solchen Vergleich die Gläubiger im Schnitt lediglich 30 bis 50 Prozent der Werte erhalten.
Zu den Auswirkungen des Crashs äußerte sich der Landesvorsitzende des Verbands Deutscher Makler, Alexander M. Rainoff.
taz: Herr Rainoff, wie konnte es zu diesem fulminanten Crash kommen?
Rainoff: Das ist passiert, weil die Preiserwartungen, die in den letzten Jahren durch das Berlinvotum und durch die Überhitzung entstanden sind, sich nicht realisiert haben. Und bei den Banken wurden aufgrund von nichtverkauften Objekten Kredite oder Zinsen nicht zurückgeführt, so ist das entstanden.
Die Geschäfte wurden also im letzten Jahr mit einer zu hohen Gewinnerwartung getätigt?
Ja, denn im vergangenen Jahr wurde erwartet, daß sich der Preisboom noch weiter nach oben entwickelt. Doch ist bereits zu spüren, daß sich die Preise des Vorjahres im zweiten Halbjahr 1992 nicht halten lassen und daß in einzelnen Bereichen in den Jahren 1993 und 1995 sogar Preiseinbrüche zu verzeichnen sein werden.
Grünbaum und Gelermann haben kaum mit Eigenkapital operiert. Ist es marktüblich geworden, daß sich Banken derartig hoch in Risikogeschäften engagieren?
Das würde ich bejahen.
Ist der Zusammenbruch von Gelermann und Grünbaum nur die Spitze des Eisberges?
Ja, das sehe ich so. Es hat immer einer angefangen, dann wurde das bekannt und zog weitere Kreise. Dieter Rulff
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