: »Der Senat verschwendet Millionen«
■ Die Sparvorschläge des Senats zur Stellenkürzung kosten sowohl die öffentliche Hand wie auch die Bauherren letztlich mehr, als sie bringen/ Das meint zumindest der Wilmersdorfer AL-Baustadtrat
Wilmersdorf. Millionen von Mark verschwendet der Senat jeden Monat, weil er sparen will. Das behauptet zumindest der Wilmersdorfer Baustadtrat Uwe Szelag (AL). Im Jahr 1991, so rechnet Szelag vor, habe allein Wilmersdorf Baugenehmigungen für ein Bauvolumen von etwa 370 Millionen Mark erteilt. Die Bearbeitung dieser Anträge dauere jedoch wegen der Stellenknappheit und vieler Krankheitsausfälle länger als nötig. Und das wird teuer für den Bauherrn, denn die Grundstücke müssen vorfinanziert werden. »Wenn Bauanträge nur einen Monat geschoben werden, sind das bei 370 Millionen Mark im Jahr schon zwei bis drei Millionen Mark an Zinskosten, die die Bauherren tragen müssen«, sorgt sich Szelag. Und dies schlägt, über Steuerabschreibungen, auch bei der öffentlichen Hand zu Buche. »Außerdem werden Wohnungen und Büros später fertig, auch das kostet die Volkswirtschaft Millionen«, so Szelag.
Eine Stelle im Bezirksamt mehr kostet jedoch nur knapp 80.000 Mark im Jahr. Mehrere Bauherren hätten gesagt, so Szelag, sie würden gerne höhere Gebühren für die Bauanträge zahlen, wenn dafür neue Mitarbeiter eingestellt würden. Deshalb schlägt Szelag vor, diese Gebühren von derzeit 20.000 Mark pro zehn Millionen Mark Bauvolumen zu verdoppeln. Der Haken dabei ist, daß diese Gelder nicht zweckgebunden verwendet werden, sondern in den allgemeinen Haushalt fließen. Das, so Szelag, müsse man ändern.
Auch von den anderen Sparvorschlägen des Senats hält Szelag wenig. So gebe es Bestrebungen, planerische Aufgaben an private Büros auszulagern. Dies jedoch, so Szelag, sei keineswegs billiger. So hätte der Bebauungsplan für das Forschungsprojekt Bessy II, der an ein privates Büro vergeben wurde, 113.000 Mark gekostet. Ähnlich viel kosten auch die Bebauungspläne für das World Trade Center oder den Potsdamer Platz. Nach den Vorgaben der Innenverwaltung dürfe das Bezirksamt für ein vergleichbares Vorhaben aber nur 43.000 Mark ausgeben. Ein unter Verschluß gehaltenes Gutachten der Innenverwaltung belege zudem, daß Planungsleistungen durch bezirkliche Bauämter billiger seien, als wenn private Büros diese nach der Honorarordnung für Architekten abrechneten — selbst wenn man deren zusätzliche Büro- und Betriebskosten berücksichtige.
Szelags Vorschläge, die auch von anderen Baustadträten befürwortet werden, lehnt die Innenverwaltung jedoch ab. Der zuständige Mitarbeiter Bernd Krziscik sagte, es sei besser, die Doppelbearbeitungen von Bebauungsplänen durch Bezirke und durch die Senatsbauverwaltung abzuschaffen. Das sei im Rahmen der Verwaltungsreform geplant, man gehe davon aus, dies Anfang 1993 umsetzen zu können, in welcher Form auch immer. Auch der Vorstand der freien Wohnungsunternehmen, Dietmar Otremba, hält nichts von höheren Gebühren. Es sei mit Sicherheit möglich, Mitarbeiter aus überbesetzten Bereichen — etwa den Hochbauämtern — in die Bauaufsicht oder die Stadtplanungsämter abzuordnen, sagte Otremba. esch
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