Tauziehen um Expo-Finanzierung

■ Weltausstellung in Hannover: Was vom schönen Plan am Ende bleibt, hängt wieder mal am, Geld

:Was vom schönen Plan am Ende bleibt, hängt wieder mal am Geld

Erst Anfang, dann Mitte Juni sollte die endgültige Entscheidung fallen. Jetzt hofft man in der niedersächsischen Staatskanzlei auf den definitiv letzten Termin vor der Bonner Sommerpause: Am 21. Juli, so der derzeitige Stand, wird das Bundeskabinett über eine Vorlage aus dem Hause Möllemann zur strittigen Weltausstellung „Expo 2000“ entscheiden. Seit die Bürger Hannovers sich mit der knappen Mehrheit von 51,5 zu 48,5 Prozent für das im Jahr 2000 geplante Spektakel ausgesprochen haben, führen niedersächsische Politiker aller Couleur den Satz im Munde: „Jetzt ist Bonn am Zuge.“ Der niedersächsische Landtag forderte in einer einstimmig verabschiedeten Resolution „noch in diesem Sommer einen klaren Beschluß der Bundesregierung zur ausreichenden finanziellen Beteiligung an den Kosten der Veranstaltung“.

Ein verbindliches, von Bund, Land und Stadt gemeinsam getragenes Konzept für die Weltausstellung, in dem vor allem auch die Finanzfragen geregelt sein sollten, hatte eigentlich schon lange vor Beginn der Abstimmung über die Expo vorliegen sollen. Darauf jedenfalls hatte sich ursprünglich die rot-grüne Koalition im hannoverschen Rat geeinigt. Die (Stimm-) Bürger der Landeshauptstadt sollten wissen, welche Belastungen durch die Veranstaltung auf Stadt und Land und damit indirekt auf sie selbst zukommen würden. Tatsächlich abgestimmt wurde dann aber ohne jedwede finanzielle Zusage des Bundes, der immerhin den Löwenanteil der Ausstellungskosten übernehmen soll. Die wirklichen Verhandlungen zwischen Bonn und Hannover über die Expo-Gelder begannen erst nach jener knappen Pro-Expo-Entscheidung. Der Betrug am Hannoverschen Stimmbürger war damit vorgezeichnet: Der hat Ende Mai nur über bedrucktes Papier und keineswegs über ein finanziell abgesichertes Expo-Konzept abgestimmt. Dabei hängt es am Gelde, was von den Hochglanz- Vorschlägen einer „Weltausstellung neuen Typs“ am Ende Wirklichkeit werden kann.

Nach außen hin scheinen sich zur Zeit die Positionen von Bund und Land in Sachen Expo-Finanzen noch unversöhnlich gegenüberzustehen. Das Bundesfinanzministerium hält offiziell daran fest, daß für eine Beteiligung an der im Konzept vorgesehenen Expo-Gesellschaft kein Geld im Bundeshaushalt zur Verfügung steht. Im Verhältnis 50:40:10 sollen sich Bund, Land Niedersachsen und Stadt Hannover an der Ausrichter-GmbH oder -AG beteiligen. Zwar soll der Bund in diese Gesellschaft zunächst nur Stammkapital von (mindestens) 50 Millionen Mark einbringen, aber er müßte mit einem Pro-Expo-Kabinettsbeschluß darüber hinaus auch noch Milliarden-Kredite absichern und nach dem Jahr 2000 auch für die Hälfte der Milliarden-Verluste geradestehen, die noch jede kostendeckend geplante Weltausstellung hinterlassen hat.

Das Land Niedersachsen hat in den letzten Wochen die Finanzierung der für die Expo nötigen Nahverkehrslinien zum entscheidenden Punkt der Verhandlungen mit Bonn gemacht. Auf Drängen der Grünen wurde in die Vier-Parteien-Resolution des Landtags eine Passage aufgenommen, die von der Bundesregierung einen klaren Beschluß „zur Sicherstellung des Expo-Verkehrskonzeptes über das Jahr 1995 hinaus“ verlangt. Jeweils eine neue S-Bahn und eine neue Stadtbahnlinie sollen zum Ausstellungsgelände gebaut werden. Die dafür erforderlichen etwa 2,4 Milliarden Mark sollen aus Mitteln des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes (GVFG) aufgebracht werden.

Doch das GVFG läuft mit dem Jahr 1995 aus, und der weitaus größte Teil der Expo-Verkehrsinvestitionen wird erst danach fällig. Selbst Ministerpräsident Gerhard Schröder hatte daher im Anschluß an die Bürgerbefragung von Bonn verlangt, entweder generell für alle Bundesländer das GVFG bis zum Jahre 2000 fortzuschreiben oder speziell Niedersachsen Mittel in der bisherigen Höhe zuzusagen. Wenn dies nicht geschehe, breche die gesamte Expo-Finanzierung zusammen. Gerade aber diese von Schröder so vehement eingeforderte Zusage über weitere GVFG- Mittel stößt in Bonn offensichtlich auf wenig Gegenliebe. Der Sprecher des Bundesfinanzministeriums jedenfalls bezeichnet Schröders Forderung als unerfüllbar.

In Hannover hofft man zur Zeit, daß unter sanftem Druck aus dem Bundeskanzleramt der Bundesfinanzminister am 21. Juli seinen Widerstand gegen eine Beteiligung an der Expo-Gesellschaft aufgeben könnte. Zur entscheidenden Frage des Exponahverkehrs soll die Kabinetts-Vorlage aus dem Bundeswirtschaftsministerium nur festlegen, daß die Mittel dafür aus den laufenden Haushalten des Bundes, des Landes und der Stadt aufgebracht werden sollen. Wenn sich der Ministerpräsident allen gegenteiligen Ankündigungen zum Trotz mit dieser Formulierung zufrieden geben sollte, wäre zum ersten Mal in Sachen Expo der Krach mit dem grünen Koalitionspartner programmiert. Jürgen Voges